Der 52-jährige Martin Jungbauer spielt seit Jahrzehnten den Nikolaus – der Mann, der Bischofsstab, der Bart und das Gewand sind bereit. Foto: Gottfried Stoppel

Martin Jungbauer aus Waiblingen-Neustadt schlüpft in die Rolle des Bischofs von Myra und sammelt Spenden für ein Waisenhaus in Südafrika. Familien können ihn für den 5. oder den 6. Dezember buchen. Noch gibt es ein paar freie Termine.

Waiblingen - So stellen sich ganz bestimmt viele Buben und Mädchen den Nikolaus vor. Groß gewachsen, ein freundliches Lächeln im Gesicht, rundlicher Bauch. Eine stattliche Erscheinung, würdevoll.

Kein Wunder, dass der 52-jährige Martin Jungbauer, selbstständiger Elektromeister aus Waiblingen-Neustadt, alle Jahre wieder in die Rolle des Bischofs von Myra. schlüpft. Immer am 5. und 6. Dezember zieht der Vater von zwei erwachsenen Kindern – gehüllt in ein seidenes Gewand, mit einem imposanten Bischofsstab, großem künstlichen Rauschebart und einem Sack voller Geschenke – in Neustadt und Hohenacker von Haus zu Haus.

Die Stippvisite vom Nikolaus kostet nichts

Angefangen hat die Karriere, als Jungbauer zarte 16 Jahre alt war. Lange her. Damals indes hat er in Waiblingen noch den Knecht Ruprecht spielen müssen. Diese Rolle hat Jungbauers katholische Kirchengemeinde St. Maria Neustadt-Hohenacker aber gar nicht im Programm. Ruprecht ist bekanntlich der Mann, der den Rentierschlitten fährt und mitunter Tadel ausspricht. Früher hatte so ein Ruprecht auch noch eine Rute dabei, für die angeblich ungezogenen Kinder. Doch inzwischen hat sich einiges geändert: „Ich habe einen Fahrer“, sagt Jungbauer und grinst. Alle Kinder wüssten schließlich, dass es in Waiblingen keine Rentierschlitten gebe. Und vom Tadeln halte er auch nicht so viel, dafür seien – falls nötig – die Eltern selbst zuständig.

Zwischenzeitlich hat Jungbauer aus beruflichen Gründen pausiert. Aber seit er sich selbstständig gemacht hat, sind die beiden Tage im Dezember stets fett im Kalender markiert. Seine Mitarbeiter wissen: Am 5. und am 6. Dezember müssen sie ohne den Chef klarkommen. Für den Nikolaustag und den Abend zuvor nimmt der Mann, der in einem christlichen Elternhaus in Waiblingen aufgewachsen ist, noch Aufträge an. Die Stippvisite vom Nikolaus kostet nichts. Aber Martin Jungbauer bittet um Spenden für ein Waisenhaus in Südafrika, in dem die Cousine seiner Mutter als Missionsschwester arbeitet. Gewöhnlich kämen bei den gut zwei Dutzend Hausbesuchen rund 1000 Euro für das Heim zusammen. Martin Jungbauer wird von seinem Cousin Stefan Jungbauer unterstützt, dem zweiten buchbaren Nikolaus in Neustadt und Hohenacker. Den Einsatzplan koordiniert Martin Jungbauers Gattin. Die Ehefrau habe ein gutes Gespür für die Wünsche der Eltern, auch für jene, die der Nikolaus nicht erfüllen kann oder will. Einem Dreijährigen den Schnuller wegnehmen? Eine Vierjährige tadeln, weil sie noch in die Windeln macht? Das sei eher nicht seine Aufgabe, sagt Martin Jungbauer und schüttelt das Haupt.

Respekt, aber selten Angst

Die Kinder hätten meistens Respekt, aber selten Angst. Einmal indes hat ein geschätzt vierjähriger Bub beim Anblick des Nikolaus aus Neustadt gar nicht aufgehört zu schreien und zu weinen. Wer weiß, was die Eltern ihm vom Nikolaus erzählt hatten. „Ich habe die Mütze abgesetzt und den Bart auch weg gemacht“, erinnert sich Jungbauer – damit das Kind habe sehen können: Der gespielte Bischof ist ein ganz normaler Mensch. Geholfen hat das kaum.

Was hat sich geändert seit Martin Jungbauers erstem Auftritt vor bald 40 Jahren? Ganz klar: der Wert der Geschenke, die die Eltern dem Nikolaus kurz vor dessen Auftritt zukommen lassen. Viele Kinder bekämen zum Nikolaustag teure Handys oder Spielkonsolen. Das, sagt Martin Jungbauer, finde er nicht so gut. Für die dicken Präsente sei der Kollege Weihnachtsmann zuständig. Der sei schließlich von Unternehmen erfunden worden. Ganz gut gefalle ihm hingegen, dass seit ein paar Jahren wieder mehr Buben und Mädchen in der Lage seien, ihm ein Gedicht aufzusagen oder ein Lied vorzusingen.

Die beiden Neustädter Nikoläuse haben sich übrigens eine eindeutig formulierte Verhaltensanweisung geschrieben. In dem Papier heißt es unter anderen, dass Alkohol bei den Hausbesuchen „freundlich aber bestimmt“ abgelehnt werden müsse. Denn der letzte Kunde am Abend wolle auch noch so bedient werden wie der erste.

Hausbesuche

Lokal
Wer in Neustadt oder in Hohenacker einen Nikolausbesuch wünscht, der kann sich bei der Familie Jungbauer in Waiblingen melden, Telefonnummer 0 71 51/98 78 97.

Regional
Der Weihnachtsmann-Vermittlungsservice des Waiblinger Arbeitsamts wurde eingestellt, wegen zu geringer Nachfrage beziehungsweise wegen der Konkurrenz privater Dienste, die im Internet zu finden sind. Überregional zum Beispiel auf der Webseite www.weihnachtsmannbuero.de.