Anfang diesen Jahres wird der Angeklagte mit 1,6 Gramm Marihuana erwischt. Foto: dpa

Weil ein Angeklagter aus Kernen erneut mit Marihuana erwischt wird, schickt ihn Richter Dietz vom Waiblinger Amtsgericht zum Suchtberater.

Waiblingen - Er entspricht dem Stereotyp eines Kiffers. Die langen Haare zu einem Zopf gebunden, Ringe unter den Augen, das Gesicht aschfahl. Wie ein Häufchen Elend sitzt Igor G. (Name geändert) auf der Anklagebank. Die Arme hält er vor seiner Brust verschränkt. Der 31-Jährige ist allein zur Verhandlung gekommen. „Einen Anwalt kann ich mir nicht leisten“, sagt er.

Seit er 12 Jahre alt ist, kifft der junge Mann aus Kernen

Am 15. Februar diesen Jahres wurde Igor G. mit 1,6 Gramm Marihuana in der Hosentasche ertappt. Für den Dauerkiffer ist das kein Aufreger. „Ich wurde halt erwischt“, sagt er zum Richter Dietz. Seit seinem zwölften Lebensjahr konsumiert der junge Mann aus Kernen regelmäßig Marihuana. Die Schule hat er ohne Abschluss nach der achten Klasse verlassen, eine Berufsausbildung hat er nie gemacht. Er sei im Jugendheim aufgewachsen, erzählt Igor G. Die Mutter sei an Krebs, der Bruder an den Folgen seines Drogenkonsums gestorben. Lange schon ist er auf sich alleine gestellt, die Verwandtschaft lebt in Kroatien.

„Durch das viele Rauchen habe ich nicht mehr den Hintern hoch gekriegt“, sagt Igor G. Lange Zeit habe er überhaupt nicht gearbeitet. „Ich bin jetzt über 30 Jahre alt, ich kann nicht mehr so weiter machen.“ Seit dem Vorfall am 15. Februar hätte er deshalb nicht mehr gekifft. Der Wahrheitsgehalt der Worte ist allerdings zweifelhaft, seine verhangenen Augen sprechen eine andere Sprache.

Igor G. wurde bereits wegen einem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt

„Es ist negativ, wie Sie leben“, sagt der Richter Dietz. Auch der Staatsanwalt findet, dass der Angeklagte „ungesund“ aussieht. Igor G. wurde bereits zuvor wegen einem Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Als Strafe wurden ihm 200 Arbeitsstunden aufgebrummt, die er momentan bei der Diakonie Stetten ableistet. „Das macht mir Spaß, ich habe jetzt etwas zu tun.“

Man müsse dem Angeklagten helfen, sagt der Staatsanwalt. In seinem Plädoyer fordert er eine Drogentherapie für Igor G. Ebenso soll ihm ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden. Der Richter Dietz verurteilt den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat auf Bewährung. Als Auflage muss er weitere 40 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten und Gespräche mit einem Suchtberater führen. „Man sieht an Ihnen, dass Haschisch keine harmlose Droge ist“, sagt Dietz.