Der Amoklauf von Winnenden hat auch für Versicherer finanzielle Folgen. Foto: dpa

Im Schadenersatzprozess gegen die Eltern des Amokläufers von Winnenden hat das Stuttgarter Landgericht am Freitag einen Vergleich vorgeschlagen. Demnach soll der Haftpflichtversicherer Allianz 400 000 Euro an die Stadt im Rems-Murr-Kreis zahlen.

Stuttgart - Fast sechs Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden hat das Stuttgarter Landgericht in einem Schadenersatzprozess gegen die Eltern des Täters einen Vergleich vorgeschlagen. Eine Einigung sei sehr wünschenswert, sagte der Vorsitzende Richter am Freitag. Laut dem Kompromiss soll der Haftpflichtversicherer Allianz 400 000 Euro an die Stadt im Rems-Murr-Kreis zahlen.

Die Eltern von Tim K. sollen bis zu 100 000 Euro an die Unfallkasse Baden-Württemberg leisten, die eigentlich eine Million Euro verlangt. Dabei geht es um Kosten für Heilbehandlungen bei Schülern, Eltern und Lehrern.

Der damals 17-jährige Tim K. hatte 2009 in Winnenden und Wendlingen (Kreis Esslingen) 15 Menschen und sich selbst erschossen. Die Tatwaffe hatte der Vater, ein passionierter Sportschütze, unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt. Er ist deswegen zu einer 18-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Die Kommune machte 5,3 Millionen Euro geltend. Sie will durch die Tat entstandene Kosten ersetzt bekommen, beispielsweise für den Schulneubau und Schäden am alten Gebäude der Albertville-Realschule.

Der Oberbürgermeister der Kommune, Hartmut Holzwarth (CDU), sagte, der Vergleichsvorschlag sei ein gangbarer Weg. Darüber müsse aber der Gemeinderat bei seiner Sitzung am 16. Dezember entscheiden. Der Anwalt der Eltern sowie der Vertreter der Allianz erklärten, der Vorstoß des Gerichts müsse geprüft werden. Die von Kommune und Unfallkasse geforderte Summe sei nicht zu leisten, sagte Klaus Machanek, der Vater und Mutter von Tim K. vertrat. Frau K. habe zugleich keinen Grund, etwas anzubieten.

Hintergrund der Aussage ist folgender: Es ist strittig, ob Frau K. wusste, wo ihr Mann die Waffe aufbewahrte. Der Teil des Vergleichsvorschlag des Gerichts, der die Eltern betrifft, ist kompliziert: Wenn sie es nicht schaffen, in zehn Jahren jeweils pünktlich 5000 Euro zu zahlen, werden die 100 000 Euro fällig, erläuterte der Vorsitzende Richter weiter. Vor dem Start des Zivilprozesses hatte es schon außergerichtliche Vergleichsverhandlungen gegeben. Da kam aber keine Einigung zustande. Zwei Millionen Euro Schadenersatz hat die private Haftpflichtversicherung des Vaters, die Allianz, bereits an Kläger ausgezahlt. Eine Million Euro sind noch in einem Topf, der aber nur reine Sachschäden abdeckt.

Winnenden sieht die Eltern in der Pflicht, weil der Vater seine Pflicht zur sicheren Aufbewahrung der Waffe verletzt und damit gegen das Waffengesetz verstoßen habe. Außerdem hätten er und die Mutter ihre Aufsichtspflicht gegenüber dem minderjährigen, psychisch labilen Sohn verletzt. Bis zum 19. Dezember müssen alle Beteiligten erklären, ob sie den Vorschlag annehmen. Ist dies nicht der Fall, will das Landgericht am 16. Januar verkünden, wie es weitergeht.