Seit Jahren versucht die Gewerkschaft Verdi, Amazon in den Tarif zu zwingen – bislang vergeblich. Foto: dpa

Amazon gibt im deutschen Online-Markt den Ton an. Gründer haben gegen diese übermächtige Konkurrenz nur in der Nische eine Chance. Noch schwieriger sind die Voraussetzungen für stationäre Fachhändler, meint Wirtschaftsredakteur Thomas Thieme.

Stuttgart - Sind die kleinen Online-Shop-Betreiber wirklich die Don Quichottes des digitalen Zeitalters, die einen ausweglosen Kampf gegen die gnadenlose Maschine namens Amazon führen? Die Umsatzentwicklung im Online-Handel legt diesen Schluss zumindest nahe. An der Spitze vereint das dominierende Trio aus dem US-Versandriesen, dem Hamburger Traditionshaus Otto und dem frechen Emporkömmling Zalando schon mehr als ein Drittel des deutschen Online-Markts auf sich. Schon unter den übrigen Wettbewerbern, die es in die Top Ten geschafft haben, finden sich Namen, die vermutlich nicht jedem Verbraucher auf Anhieb vertraut sind, etwa Alternate, Bon Prix oder Cyberport.

Große Teile der Branche versammeln sich im Schatten des Giganten Amazon. Daran haben weder die andauernde Blockade der Amerikaner gegenüber deutschen Gepflogenheiten im Tarifrecht noch frühere Klagen über schikanöse Arbeitsbedingungen in den Versandzentren etwas geändert. Erfolgreich ist, wer die größte Aufmerksamkeit hat. Für Start-ups, die sich mit ihren Online-Shops oft auf spezielle Nischen konzentrieren und von der Natur der Sache her erst einmal klein anfangen, sind das keine guten Nachrichten.

Stationäre Händler müssen sich entscheiden

Gründer müssen sich daher gut überlegen, ob es für ihr Angebot eine kaufkräftige und treue Zielgruppe gibt. Ebenso schwierig sind die Voraussetzungen für stationäre Fachhändler. Sie stehen aufgrund begrenzter Ressourcen nicht selten vor der Wahl, entweder in den Laden, das Personal und den Service vor Ort zu investieren – oder in den Aufbau einer digitalen Infrastruktur. Ein ansprechender Firmenauftritt im Internet mit Öffnungszeiten und Anfahrtsbeschreibung, wie ihn die Handelsverbände jedem noch so kleinen Händler empfehlen, ist dabei noch das Geringste. Einen eigenen Online-Shop mit Warenwirtschaftssystem, Vertrieb und Logistik aufzubauen ist eine andere Nummer. Wer das Risiko dennoch wagt, braucht gute Ideen, denn die gnadenlose „Windmühle“ aus den USA wird so schnell nicht erlahmen.