Foto: www.7aktuell.de/Karsten Schmalz

Bei den Abrissarbeiten am Südflügel des Hauptbahnhofs ist eine Passantin verletzt worden.

Bei den  Abbrucharbeiten am Südflügel wurde am Samstag eine  72-jährige Fußgängerin durch einen Schuttbrocken  verletzt. Die Polizei ermittelt. Projektgegner fordern wirksame Kontrollen.

Eine 72-jährige Fußgängerin ist in der Nähe des Südausgangs des Hauptbahnhofs durch einen herabstürzenden Schuttbrocken an der Schulter und am Unterschenkel verletzt worden. Die Frau wurde mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren, konnte die Klinik aber noch am selben Tag nach ambulanter Behandlung verlassen.

„Der herabfallende Schuttbrocken hat die Frau direkt an der Schulter und dann am Bein getroffen“, teilte die Polizei am Sonntag auf Anfrage unserer Zeitung mit. Im Umfeld der Verantwortlichen auf der Baustelle heißt es dagegen, der Schuttbrocken sei direkt auf den Boden aufgeschlagen, wobei sich die Frau erschreckt und beim Zurückweichen und Stolpern verletzt habe. Welche Version zutrifft, wird sich zeigen. Doch schon jetzt scheint festzustehen, dass die Frau nur knapp einem schweren oder gar tödlichen Unglück entgangen ist: In einem kurzen Videofilm, den S-21-Gegner ins Internet gestellt haben, wird ein etwa 30 Zentimeter langer Schuttbrocken gezeigt, aus dem zudem mehrere Stücke Armierstahl ragen.

Polizei muss klären, ob es ein normaler Baustellen oder eine Straftat vorliegt

Der Schuttbrocken hatte sich laut Polizei aus einem größeren Fassadenstück gelöst, als ein Bagger das Teil während der Abbrucharbeiten am Südflügel in die Höhe gehoben hatte. Der Bauzaun an dieser Stelle ist rund drei Meter hoch. Trotzdem fiel der Brocken außerhalb des Baufelds zu Boden. Vorläufig könne man wohl von einem „normalen Baustellenunfall“ ausgehen, sagte ein Polizeibeamter am Sonntag. Gegebenenfalls werde man aber auch in Richtung eines „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ ermitteln. Das wäre ein Tatbestand aus dem Strafgesetzbuch, genauso wie die sogenannte Baugefährdung. In beiden Fällen ist auch Fahrlässigkeit strafbar. Die Personalien des Baggerfahrers und von zwei weiteren Bauarbeitern hat die Polizei noch am Unglücksort festgehalten.

„Ich bedaure diesen Vorfall sehr“, sagte am Sonntag S-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich. „Wir erwarten von den mit dem Abbruch des Südflügels beauftragten Firmen, dass sie klären, wie es zu diesem Zwischenfall kommen konnte.“ Aus Sicht der Polizei ist auch zu klären, ob der Sicherheitsbereich um die Baustelle jetzt erweitert werden muss.

Projektgegner werfen der Bahn "Pfusch am Bau" und Verstoß gegen Richtlinien vor

„Der Vorfall vom Samstag reiht sich ein in eine lange Reihe von Pfusch am Bau, von Verstößen gegen Richtlinien, Sicherheitsvorschriften oder Naturschutzauflagen“, kritisierte am Sonntag Matthias von Hermann. Der Sprecher der Parkschützer-Initiative forderte von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) „endlich für eine wirksame Kontrolle“ der Aktivitäten des bundeseigenen Unternehmens zu sorgen. „Es geht nicht an, dass die Bahn ihre eigene Bauaufsicht stellt“, kritisierte von Hermann.

Das Unglück am Samstag ist nicht der erste Zwischenfall am Südflügel. Die Abbrucharbeiten an dem 277 Meter langen Gebäude haben am 30. Januar begonnen. Am 19. März hatte ein Bagger eine Stütze des angrenzenden Bahnhofsdachs erwischt, worauf die Konstruktion an einer Stelle über Gleis 15 und 16 einknickte. Personen kamen nicht zu Schaden; der Abbruch wurde aber mehrere Wochen lang unterbrochen.

Projektgegner werfen der Bahn vor, dass das Dach, das sämtliche Gleise überspannt, nach dem Abbruch des Südflügels weniger stabil und bei bestimmten Windverhältnissen sogar einsturzgefährdet sein könnte. Die Bahn bestreitet dies. Bei der wöchentlichen Demonstration an diesem Montag auf dem Marktplatz wollen die Stuttgart-21-Gegner ihre Kritik an der Baustelle erneuern.

 Unsere Bildergalerie zeigt den Fortschritt der Arbeiten.