m Remsecker Hechtkopf fließt die Rems (rechts) in den Neckar – unterhalb der Mündung soll bis Ende 2014 ein Freizeitpark mit Sandstrand und Beachvolleyball-Feld entstehen. Foto: Leif Piechowski

Naturschutzbehörde kippt Pläne für den Freizeitpark am Remsecker Neckarufer. Eine Kompromisslösung soll bedrohte Tierarten schützen.

Remseck - Beim Streit um Stuttgart 21 hat der Juchtenkäfer schon gewisse Berühmtheit erlangt. Das kaum daumengroße Insekt bremste im Dezember 2011 die Arbeiten für das Großprojekt aus, nach dem Baustopp durch den Verwaltungsgerichtshof musste ein 1,80 Meter hoher Krabbelschutzzaun verhindern, dass die possierlichen Tierchen in der Baugrube landen. Jetzt macht die vom Aussterben bedrohte Käferart ein paar Kilometer neckarabwärts von sich reden – und hat gemeinsam mit Haselmaus, Feuerfalter, Neuntöter und Nachtkerzenschwärmer verhindert, dass die Stadt Remseck ihre Pläne für einen 190 Meter langen Sandstrand am Neckarufer umsetzen kann.

Alle diese geschützten Tierarten leben nämlich bisher in dem für den Freizeitspaß vorgesehenen Bereich unterhalb der Remsmündung. Außerdem hat ein vom Remsecker Rathaus in Auftrag gegebenes Gutachten auch im Fluss selbst einen äußerst sensiblen Abschnitt festgestellt. Die sandige Flachwasserzone diene als Rückzugsgebiet für die Fischbrut und einheimische Großmuscheln, urteilten die Gewässerökologen. Und: Auch für Fledermäuse ist der Zusammenfluss von Rems und Neckar bevorzugtes Jagdrevier – vor allem das rechte Flussufer gilt unter Fachleuten als nächtliche Flugschneise.

Ein Beachvolleyball-Feld und ein kleiner Info-Pavillon sollten aus dem vernachlässigten Uferbereich eine attraktive Freizeitfläche machen

Im Remsecker Rathaus maß man den Ergebnissen der ökologischen Expertise zwar durchaus Bedeutung bei. Einen Anlass, die eigenen Pläne zu überarbeiten, sah die Stadtspitze allerdings nicht. Schließlich sollte der mit Gestrüpp zugewachsene Uferbereich nicht völlig zubetoniert werden. Und schließlich schaufelt das Wasser- und Schifffahrtsamt in Stuttgart ohnehin regelmäßig mit seinen Schwimmbaggern die Fahrrinne für Kies- und Kohlefrachter frei. Weil auch die naturnahe Gestaltung des Ufers mit größeren Erdbewegungen verbunden ist, sahen Oberbürgermeister Karl-Heinz Schlumberger und sein für den Baubereich verantwortlicher Beigeordneter Karl-Heinz Balzer den geplanten Sandstrand nicht als gravierenden Eingriff an. Ein Beachvolleyball-Feld und ein kleiner Info-Pavillon sollten aus dem vernachlässigten Uferbereich eine attraktive Freizeitfläche machen – und der Stadt nach dem Bootshaus am Hechtkopf einen zweiten touristisch reizvollen Anlaufpunkt bescheren. Dass der Stuttgarter Regionalverband das Vorhaben mit einer Million Euro unterstützt und von einem „Leuchtturm-Projekt“ für den Neckar sprach, bestärkte die Führungsriege im Rathaus noch in ihrer Sicht.

Keine wasserrechtliche Genehmigung wegen massiven Eingriffs in einen ökologisch wertvollen Lebensraum

Nicht gerechnet hatte Remseck allerdings mit dem behördlichen Naturschutz. Die Fachleute im Ludwigsburger Landratsamt kamen bei der Beurteilung der vorgelegten Öko-Gutachten zu einem gänzlich anderen Ergebnis – und legten prompt ihr Veto gegen die Pläne ein. „In der geplanten Form kann der Sandstrand wegen naturschutzrechtlicher Bedenken nicht umgesetzt werden“, hieß es aus der Kreisbehörde, eine wasserrechtliche Genehmigung scheide durch den massiven Eingriff in einen ökologisch wertvollen Lebensraum aus. Dass der Strand als publikumswirksamer Beitrag für die kleine Gartenschau 2019 gilt und auch von Brüssel mit immerhin 400.000 Euro gefördert wird, spielte für die Ludwigsburger keine Rolle.

Inzwischen allerdings hat ein Ortstermin mit den Vertretern der beteiligten Behörden wenigstens einen Kompromiss möglich gemacht. „Wir überarbeiten unseren ersten Projektentwurf“, räumt Karl-Heinz Balzer ein. Der geplante Sandstrand soll auf die Hälfte schrumpfen, für die betroffenen Tierarten wird ökologische Ausgleichsfläche eingeplant. Ludwigsburgs Landrat Rainer Haas hat für die neuen Pläne die wasserrechtliche Genehmigung bereits in Aussicht gestellt. Wichtig für Remseck ist vor allem, dass die Bagger noch diesen Winter anrollen können. Ist das auf rund 2,4 Millionen Euro geschätzte Projekt nicht bis Ende 2014 ab-gerechnet, verfallen die EU-Zuschüsse.