Jann Kröger ist mit seinem Stadtviertel verwachsen Foto: Achim Zweygarth

Der 16-jährige Jann Kröger ist am Hölderlinplatz aufgewachsen. Er liebt das Stadtleben.

S-West - Jann Kröger schaut durch beschlagene Fensterscheiben auf den verschneiten Hölderlinplatz. Der 16-Jährige kommt manchmal nachmittags ins Café Hölderlin und trinkt dort mit Freunden eine Latte macchiato. Die Wohnung seiner Mutter in der Traubenstraße ist nur einen Katzensprung entfernt. Jann Kröger wohnt dort schon sein ganzes Leben lang. Wenn er durch die Straßen rund um den Hölderlinplatz schlendert, sieht er überall Erinnerungen. „In der Kornbergstraße war ich im Kindergarten, den gibt es heute schon gar nicht mehr.“ Jann hat festgestellt: „Vieles hat sich verändert, während ich älter geworden bin. Das Viertel ist mit mir zusammen gewachsen.“ Manchmal trifft er sich mit seinen Freunden einfach mitten auf dem Hölderlinplatz. „Vor der BW-Bank kann man sich hinsetzen, abends sind wir öfters da“, sagt der 16-Jährige.

Jann Kröger besucht die elfte Klasse der Freien Waldorfschule am Kräherwald. „Ich liebe meine Klasse, die meisten meiner Freunde sind in meiner Klasse“, sagt er. Doch es ist nicht immer einfach, viele seiner Mitschüler kommen aus sehr wohlhabenden Haushalten. „Das hat mich auch geprägt, meine Mutter regt sich manchmal darüber auf“, sagt Jann und schmunzelt. Und langsam merkt der 16-Jährige auch, wie die Anforderungen der Schule immer größer werden. Drei- bis viermal die Woche ist mittags noch Unterricht, Jann kommt erst gegen fünf nach Hause. „Dann muss ich mich kurz ausruhen, ein bisschen mit Freunden in Facebook schreiben, vielleicht was essen.“ Und schnell ist es acht Uhr abends – und die Hausaufgaben sind noch immer nicht erledigt. „Freizeit habe ich unter der Woche immer weniger.“

In eine kleinere Stadt will er niemals ziehen

Und dazu kommen die Gedanken über die Zukunft: Wie geht es irgendwann nach dem Abi weiter? Bei der preisgekrönten Schülerzeitung der Kräherwaldschule macht er schon lange mit. Bei der StZ-Aktion „Schüler machen Zeitung“ hat er einen Wettbewerb gewonnen und einen Tag lang in der Redaktion der Stuttgarter Zeitung mitgearbeitet. Dabei konnte Jann Kröger VfB-Torhüter Sven Ulreich interviewen. Danach wurden ein paar Sportjournalisten auf ihn aufmerksam, die in Stuttgart ein neues Magazin gründen wollen. „Ich hatte ein richtiges Vorstellungsgespräch und war entsprechend aufgeregt“, sagt Jann Kröger. Sein Berufswunsch Journalist hat aber neuerdings auch Konkurrenz bekommen. „Die Eltern verschiedener Schüler haben bei einer Veranstaltung an unserer Schule über ihre Berufe gesprochen, und es war ein Anwalt dabei“, erzählt Jann. Der hat ihn beeindruckt und seitdem kann sich Jann auch vorstellen, Jura zu studieren.

Ein bisschen Zeit zu überlegen hat er noch bis zum Abi, das auf der Waldorfschule erst nach 13 Jahren kommt. Janns Bruder ist 20 und zieht jetzt bald aus. „Er zieht nach Bad Cannstatt, weil es dort einfach viel günstiger ist.“ Wo es Jann eines Tages hin verschlagen wird, weiß er noch nicht. „Ich bin offen.“ Neulich war der 16-Jährige mit einer Freundin ein paar Tage in Berlin. „Ganz ohne Eltern, wir haben in einer Jugendherberge übernachtet. Das war aufregend.“ Vielleicht wird er aber irgendwann auch in Stuttgart studieren. „Ich denke nicht, dass ich es mir einfach frei aussuchen kann“, mutmaßt Jann. Nur in eine kleinere Stadt will er niemals ziehen. „Das kann ich mir einfach nicht vorstellen, ich bin ein Stadtkind.“ Janns Vater ist vor Kurzem von Stuttgart in eine Kleinstadt an der Schweizer Grenze gezogen, dort hat er sich ein Haus gekauft. „Das wäre nichts für mich. Sesshaft mit Kindern auf dem Land, ein Haus kaufen, man gibt doch viel Freiheit und Unabhängigkeit auf“, meint Jann.

Manchmal, wenn Jann Kröger hungrig aus der Schule kommt, geht er noch schnell in den Dönerladen am Hölderlinplatz. „Hier gibt es den besten Döner der ganzen Stadt“, meint der Jugendliche. Neulich hat eine Frau im Laden einen speziellen Börek gegessen. Jann hat sie gefragt, was das sei. „Sie meinte: ,Willst mal abbeißen?‘ – Das ist für mich der Stuttgarter Westen.“