Die Fraktion der AfD im Landtag – fleißig und mit einem dominierenden politischen Thema. Foto: dpa

Die Fraktion im Stuttgarter Landtag schreibt fleißig Anfragen, dabei offenbart sie oft auch, wo die Partei ideologisch verortet ist.

Stuttgart - Die AfD ist angetreten, um die Politik zu verändern. Anwalt des kleinen Mannes will die Partei nach eigenen Worten sein, Verteidiger deutscher Werte und Kämpfer für Gerechtigkeit. Mit diesem Auftrag haben die Wähler die AfD-Politiker inzwischen in zehn Landesparlamenten gewählt. Auch in Baden-Württemberg sitzen 23 Parlamentarier im Landtag und haben von Anfang an etwas verändert: der Ton in den Debatten ist wesentlich rauer geworden. Die AfD-Politiker haben sich bis jetzt allerdings vor allem durch harsche Zwischenrufe hervor getan. Gleich in der ersten Sitzung musste sich der Abgeordnete Udo Stein für seine Bemerkung „Das ist schlimmer als in der Nazi-Zeit“ entschuldigen, mit der er die verbale Auseinandersetzung im Landtag lautstark kommentierte. Auch andere AfD-Abgeordnete kassierten bereits Ordnungsrufe der Parlamentspräsidentin Muhterem Aras.

Die fleißige AfD

Was die inhaltliche Arbeit im Parlament angeht, konstatieren Beobachter, dass die AfD zu den fleißigsten Antragstellern gehört. Fast 200 Kleine Anfragen sind seit Beginn der Legislaturperiode bei der Landtagsverwaltung eingegangen. Darin können Parlamentarier Auskunft von der Regierung zu einem bestimmten Thema verlangen, die diese dann schriftlich beantworten muss. Nur die FDP ist im Parlament ähnlich aktiv, gefolgt von den Sozialdemokraten. Dass die Regierungsparteien Grüne und CDU wenige Anfragen an die Regierung stellen, liegt in der Natur der Dinge.

„Anfangs hatten wir noch einige Anlaufschwierigkeiten“, erzählt Lars Patrick Berg, Landtagsabgeordneter der AfD im Wahlkreis Tuttlingen-Donaueschingen. „Für uns war alles neu, wir mussten uns zuerst zurechtfinden.“ Selbst Kollegen der anderen Parteien erkennen an, dass Berg zu den eifrigen Arbeitern im Parlament gehört, der sich schnell zurechtgefunden habe. Der AfD-Politiker selbst sagt, dass inzwischen die meisten Stuttgarter Parlamentarier eine professionelle Ebene gefunden hätten, mit der Alternative für Deutschland umzugehen. Mit seinen Anfragen versucht Berg, nach eigenem Bekunden, die AfD thematisch breiter aufzustellen. „Wir sind keine Anti-Ausländerpartei“, sagt Berg, dessen eigener Arbeitsschwerpunkt auf innerer Sicherheit und Europapolitik liegt. Sein Fazit nach den ersten Monaten: „Nach einigen Anlaufschwierigkeiten haben wir uns im politischen Betrieb gefestigt.“

Anfragen als Propagandainstrument

Eine etwas andere Einschätzung der Arbeit der AfD hat Hans-Ulrich Sckerl. Die Alternative für Deutschland benutze die „Kleinen Anfragen als Propagandainstrument“, urteilt der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Landtag. Damit erwecke die Partei gegenüber dem Wähler zwar den Eindruck der Geschäftigkeit, entziehe sich aber dem offenen politischen Diskurs im Parlament, denn Kleine Anfragen würden in der Regel nicht zum Thema von Debatten im Landtag gemacht. Dazu müsste die AfD so genannte Große Anfragen einbringen, was sie aber nicht tue. Sckerl zieht den Schluss, dass „die AfD überhaupt nicht an einer konstruktiven Oppositionsarbeit interessiert ist“.

Partei mit nur einem Thema

Auch kritisiert er, dass die Anfragen der AfD thematisch „im Grunde immer gleich“ seien. Das heißt, dass vor allem Auskünfte über Flüchtlinge, Asyl, Ausländer oder damit verwandte Themen eingefordert würden. Auch andere, auf den ersten Blick harmlos aussehende Anfragen hätten oft einen „gewissen Touch“. Was Hans-Ulrich Sckerl damit meint, macht eine Kleine Anfrage „Drucksache 16/491“ des AfD-Mitgliedes Rainer Balzer deutlich. Darin verlangt der Abgeordnete Einzelheiten zum „Lärmschutz an der Autobahn A8 bei Karlsbad-Mutschelbach“ – im Grunde also völlig unverdächtig. Unter Punkt eins will Balzer wissen, ob die Landesregierung die Klagen der Bevölkerung auch wirklich ernst nehme? Dann fragt er, wie sie sich den Klagen anzunehmen gedenke? Und schließlich kommt unter Punkt drei der offensichtliche Zweck der Anfrage zu Tage: „Trifft es zu, dass mit den Kosten, die für vier minderjährige unbegleitete Ausländer bei einer Inobhutnahme durch das Christophorus Jugendwerk in Freiburg im Jahr anfallen, rechnerisch die geschätzten Kosten des Lärmschutzes für die gesamte Mutschelbacher Bevölkerung von ca. 1800 Bürgern gedeckt werden könnten?“ „Die AfD versucht, Stimmungen zu schüren“, sagt Hans-Ulrich Sckerl zu diesem Beispiel, und scheue zu diesem Zweck auch vor „absurden Verknüpfungen“ nicht zurück.

Will die AfD spalten?

Auch das Urteil des SPD-Politikers Wolfgang Drexler über die Arbeit der Alternative für Deutschland im Stuttgarter Parlament ist sehr eindeutig. „Die AfD will spalten und nicht konstruktiv zusammenarbeiten.“ Er kennt die Arbeit der Partei auch als Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschuss. „Sie haben teilweise gefehlt, haben keine oder kaum Fragen gestellt, sind einfach nicht aufgefallen“, erinnert sich Drexler.