Gut gelaunt nach der Sachsen-Wahl: AfD-Chef Bernd Lucke Foto: dpa

Nach dem Einzug der Alternativen für Deutschland (AfD) in den sächsischen Landtag peilt die Partei dieses Ziel auch im Südwesten an. Die etablierte Konkurrenz will sich inhaltlich mit dem Neuling auseinandersetzen – doch dazu müsste der erst einmal Position beziehen.

Nach dem Einzug der Alternativen für Deutschland (AfD) in den sächsischen Landtag peilt die Partei dieses Ziel auch im Südwesten an. Die etablierte Konkurrenz will sich inhaltlich mit dem Neuling auseinandersetzen – doch dazu müsste der erst einmal Position beziehen.

Stuttgart - In Baden-Württemberg ist die AfD in den letzten Monaten eher mit personellen Querelen als mit inhaltlichem Profil ausgefallen. Kaum ein Kreisverband, in dem nicht die Fetzen flogen, sei es auf der Baar oder in Stuttgart, in Ludwigsburg oder in Karlsruhe.

Dennoch ist die Parteispitze guten Mutes, nach der erfolgreichen Wahl in Sachsen auch 2016 in Baden-Württemberg eine reiche Ernte in die Scheuer zu fahren. Parteichef Bernd Kölmel sprach am Montag vom „Vorzeigelandesverband“. Sein Vorstandskollege Heinrich Fiechtner sekundierte: „Unser Ziel ist, auf allen Ebenen präsent zu sein, und dazu gehört auch der Landtag.“

Um landespolitisch erkennbar zu sein, werde sich die Partei denn auch stärker auf diesem Themenfeld tummeln, kündigte Fiechtner an. Ein Landesvorstandstreffen habe dazu am vergangenen Samstag erste Weichen gestellt. Allerdings räumte er ein: „Wir haben zu vielen Punkten noch keine klaren Aussagen.“ Dennoch wurde die Partei in Umfrage für den Südwesten zuletzt bei sechs Prozent gehandelt.

Durchstarten will man jetzt auf dem Landesparteitag Anfang Oktober in Kirchheim. Dort wird allerdings erst einmal über Personen debattiert werden. Die meisten der 13 Vorstandsmitglieder, darunter auch Fiechtner, sind nämlich heftig umstritten. Bei einer parteiinternen Umfrage hat sich fast die Hälfte der Mitglieder für eine Neuwahl des Vorstands bereits im Oktober ausgesprochen. Der Termin soll nun zwar wie geplant im Frühjahr stattfinden, doch in Kirchheim erhalten die Mitglieder immerhin die Möglichkeit, ein Misstrauensvotum gegen die Vorständler auszusprechen.

Dahinter verbergen sich sowohl persönliche Animositäten als auch politische Flügelkämpfe. Denn wohin die baden-württembergische AfD steuert, ob nach rechts außen oder eher nach Mitte-rechts, ist noch keineswegs ausgemacht. Da mag Fiechtner noch so vehement fordern: „Meine Erwartung ist, dass die AfD in weitem Umfang liberale Positionen übernimmt.“ Eigentlich wollte die Partei ja bereits nach dem Erfolg der jüngsten Kommunal- und Europawahl Ende Mai landespolitisch auftrumpfen. Doch bis auf wenige Stellungnahmen – etwa eine zur grün-roten Schulpolitik – war wenig von ihr zu hören.

Die anderen Parteien scheinen aber geradezu auf landespolitische Angriffspunkte zu warten, denn sie kündigen unisono an, sich inhaltlich mit der Konkurrenz auseinandersetzen zu wollen. „So zu tun, als gäbe es weder die AfD noch ihre Wähler, wäre falsch“, erklärte Landtagspräsident Guido Wolf, der sich wie Landesparteichef Thomas Strobl um die CDU Spitzenkandidatur für die Landtagswahl bewirbt. Man werde sich intensiv mit den Motiven der AfD-Wähler auseinandersetzen müssen, sagte Wolf.

FDP-Landeschef Michael Theurer zieht aus der Sachsenwahl die Lehre, dass sich die FDP mit der AfD inhaltlich genauso intensiv auseinandersetzen muss wie mit anderen Parteien: „Die AfD ist eine rechtsextreme Partei. Es wird Zeit, ihr das pseudoliberale Mäntelchen herunterzureißen und sie zu demaskieren als das, was sie wirklich ist: neonationalistisch.“

Die CDU in Sachsen will derweil Möglichkeiten der Regierungsbildung sowohl mit der SPD als auch den Grünen ausloten. In einer nur knappen Mehrheit für Schwarz-Grün sieht Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) keinen Hindernisgrund für diese erstmalige Koalitionsvariante in einem Ost-Land. Eine Koalition mit der AfD schloss Tillich aus, nachdem die Parteispitze in Berlin dies kategorisch abgelehnt hatte.

Laut Infratest-Dimap-Zahlen für die ARD hat die AfD der CDU deutlich mehr Stimmen abgejagt (33 000) als der Linkspartei (15 000) und der NPD (13 000).

CDU-Bundesvize Armin Laschet sprach sich für eine offensive Auseinandersetzung aus. Bundestagsfraktionschef Volker Kauder gab sich gelassener: „Über die Bedeutung der AfD lässt sich bei einer Wahlbeteiligung von unter 50 Prozent, die wir in Sachsen haben, wenig für die Zukunft sagen“, sagte er im ZDF.

Kanzlerin Angela Merkel sieht im Wahlerfolg der AfD „ein großes Stück Protest“. „Diesen Protest müssen wir dadurch auflösen, dass wir als Union, als CDU die Themen ansprechen und lösen, die die Menschen vor Ort bewegen“, sagte sie in Berlin.

Merkel schreibt auch die erneut gescheiterte FDP noch nicht ab. Es gebe „überhaupt gar keinen Grund hier zu sagen, die FDP-Option ist ausgeschlossen“.

FDP-interne Forderungen nach einer Kursänderung der Freidemokraten lehnte Parteichef Christian Lindner ab. „Es wird keinen Links- oder Rechtsschwenk geben. Die FDP wird nicht linksliberal oder mitfühlend liberal“, sagte er in Berlin. Seine Partei wolle auch künftig die ganze Breite des Liberalismus abdecken. Eine Trendwende soll spätestens bei der Wahl in Hamburg im Februar 2015 gelingen.