Freiburg bietet bedürftigen Familien Haushaltsgeräte wie Kühlschränke im Wert von 160.000 Euro zum Tausch. Foto: dpa

Freiburg sorgt mit einer ungewöhnlichen Maßnahme zum Klimaschutz für Aufsehen.

Freiburg - Ein neuer Kühlschrank gefällig? Bitte, die Stadt Freiburg hilft Ihnen. 200 bis 350 mittellose Haushalte kommen in den Genuss eines neuen, kostenlosen Geräts im Tausch gegen ihr altes. Bedingung: Pro Haushalt müssen sich dadurch 200 Kilowattstunden Strom einsparen lassen. Je nach Größe lässt sich die Stadt im Breisgau die Kühlgeräte (selbstverständlich nur mit Ökosiegel A+++) zwischen 450 und 700 Euro kosten. Insgesamt beläuft sich die Verschenkaktion auf 200.000 Euro.

„Kühlschränke sind die Haushaltsgeräte, die am allermeisten Energie verbrauchen“, begründet Freiburgs Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik (Grüne), warum die Stadt ihre Bürger ausgerechnet mit neuen Kühlschränken beglückt. „Sie laufen rund um die Uhr und können sehr alt werden. Wir können nur auf erneuerbare Energien umstellen, wenn wir zunächst den Energieverbrauch insgesamt senken.“

Überbringer der sperrigen Geschenke sind Mitarbeiter des verbindlichen, vom Innovationsfonds des regionalen Energiedienstleisters Badenova unterstützen Stromsparchecks. Diesen führt die Stadt seit 2009 gemeinsam mit dem Caritasverband und dem Verein zur Förderung kommunaler Arbeits- und Beschäftigungsmaßnahmen (VABE) durch. Die Berater waren zuvor selbst Langzeitarbeitslose und sind mit den Lebensbedingungen der Zielfamilien vertraut. Sie sind bereits durch die Haushalte gestreift und haben der Stadt durch den Einbau von Energiesparlampen, Steckerleisten und sparsamen Duschköpfen 177.450 Kilogramm des Klimagases CO2 eingespart. Freiburg hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein; das heißt, bis dahin keine klimaschädlichen Gase mehr zu emittieren.

Freiburg lässt sich die Aktion 200.000 Euro kosten

Ursprung der Aktion war die Idee einer Abwrackprämie für Kühlschränke, Waschmaschinen und Backöfen. Diese Geräte verbrauchen ein Drittel des Stroms in privaten Haushalten. Der Kühlschrank wurde ausgewählt, weil über den Stromsparcheck bereits ein Kühlschranktausch bestand, der allerdings kaum nachgefragt war. Trotz eines Zuschusses in Höhe von 300 Euro war der Eigenbedarf vielen einkommensschwachen Familien zu hoch.

Die soziale Komponente sei Umweltbürgermeisterin Stuchlik zunächst gar nicht so wichtig gewesen, sagt Stefan Schillinger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im Freiburger Stadtrat. „Die Argumentation der Verwaltung war, dass zu wenige zum Zug kämen. Deshalb wollte sie unter denjenigen, die sowieso ein Kühlgerät kaufen, als Anreiz für den Klimaschutz einen Zuschuss verlosen. Aber wir im Umweltausschuss wollten keine Mitnahmeeffekte und konnten sie von der sozialen Komponente überzeugen. Das ist in anderen Städten vielleicht selten, aber die CDU hier zog mit uns an einem Strang.“

Auch die FDP findet die Aktion eine tolle Sache. Fraktionsführer Sascha Fiek hat sich lediglich daran gestört, dass die breite Bevölkerung von dem Projekt ausgeschlossen sei. Er hätte eine Werbekampagne bevorzugt, die das Bewusstsein dafür schärft, was jeder Einzelne im Haushalt für den Klimaschutz tun kann. Die eine Hälfte hätte er für verloste Zuschussgutscheine eingeplant. Dass die übrigen 100.000 Euro an Wohngeld- und Hartz IV-Empfänger gehen, war auch für den FDP-Politiker unstrittig.

Erfahrungen anderer Städte wie Mannheim oder Aachen zeigten, dass die Hälfte der Mittel von der Bearbeitung und Bewerbung der Aktion verschlungen wurde und eine Abwrackprämie überdies keinen nachhaltigen Bewusstseinswandel bewirkt. 200.000 Euro hat Freiburg für die zweijährige Aktion veranschlagt: 160.000 Euro für die Geräte, 10.000 Euro für Anlieferung und Entsorgung sowie 30.000 Euro für Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung. Angesichts von 9000 bedürftigen Haushalten in der 224.000-Einwohner-Stadt werden die Mittel für den Haushalt 2013 vermutlich aufgestockt werden müssen.

Dass mit den Kühlschränken zu viel Geld an einer Stelle ausgegeben wird, stört offenbar keinen. Selbst CDU-Stadtrat Hermann Aichele meint: „130 Milliarden Euro für Griechenland sind auch viel.“ SPD-Mann Schillinger argumentiert, man dürfe die Themen nicht gegeneinander ausspielen: „Wir haben einen klaren Bildungsfokus. Wenn wir Schulen für 40 Millionen sanieren, dann geht auch so ein kleiner Beitrag zum Umweltschutz.“