Einer von neun Neuen beim VfB: Cheftrainer Alexander Zorniger. Foto: dpa

Umbau mit neun Personalien: Der neue VfB-Trainer Alexander Zorniger bringt Assistent André Trulsen mit. Joachim Cast und Günther Schäfer arbeiten künftig im Management, Buchwald wird Scout für den asiatischen Markt.

Stuttgart - Auf dem Podium saßen die altbekannten Köpfe, und tatsächlich ging der Blick ein gutes Stück zurück des Weges. Schonungslos analysierten Präsident Bernd Wahler, Sportvorstand Robin Dutt, Finanzchef Stefan Heim und Marketingchef Jochen Röttgermann bei einer Pressekonferenz am Montag den bedenklichen Ist-Zustand des in vielerlei Hinsicht gebeutelten und denkbar knapp dem Abstieg entgangenen Vereins – und präsentierten zahlreiche Weichenstellungen für eine bessere Zukunft. „Wir haben die Analyse im vergangenen Sommer nicht schonungslos genug betrieben“, räumte Wahler ein. Jetzt, so scheint es, hat der VfB den Ernst der Lage begriffen.

Ernst der Lage begriffen

Analyse: Es klang erschreckend, was Wahler und Dutt über das marode Gefüge VfB zu sagen hatten. Einen „völlig inhomogenen Verein“ habe er bei seinem Amtsantritt vor knapp zwei Jahren angetroffen, sagte Wahler. Zu viele Tochterfirmen hätten „zu viele Inseln mit zu vielen Kulturen“ geschaffen, Teile der Mitglieder und Fans seien „vom Verein entfremdet“, es gab „keinen wirklichen Plan, keine Strategie“. Der Verein habe „stets auf den großen Heilsbringer gewartet“ und dabei „an einzelnen Personen zu lange festgehalten“. Auch sportlich war dem Zufall Tür und Tor geöffnet. „Wir hatten keine strukturierte Kaderplanung, die Scoutingabteilung hatte keine klaren Vorgaben, und wir haben vergessen, unseren eigenen Nachwuchs mitzunehmen. Die Vernetzung zwischen Scouting, Nachwuchs und Profis ist komplett verloren gegangen“, monierte Robin Dutt mit Blick auf seinen Vorgänger Fredi Bobic und versprach: „Künftig wird es bei der Kaderplanung keine One-Man-Show mehr geben.“ Dafür in diesem und anderen Bereichen einen Neuanfang – mit neuen Gesichtern. Und mit bekannten Namen, die neue Funktionen übernehmen.

Trainer:Alexander Zorniger (47/zuletzt RB Leipzig) steigt zum 29. Juni mit einem Dreijahresvertrag ein. Als Assistenten bringt er André Trulsen (49/zuletzt Co-Trainer 1. FC Köln) mit. „Ich bin überzeugt, dass wir hier gemeinsam etwas aufbauen können“, sagte Zorniger, der dem VfB bisher nur mündlich zugesagt hat. „Wir haben uns tief in die Augen geschaut und vertrauen uns voll“, sagte Robin Dutt. Sebastian Gunkel (39/zuletzt SC Freiburg) löst Ilja Aracic als Coach der U 19 ab, Kai Oswald (37) rückt als Nachfolger von Domenico Tedesco (zur TSG Hoffenheim) von der U 15 zur U 17 auf. „Es gibt hier kein gelebtes Spielkonzept, es ist keine Handschrift zu erkennen“, erklärte Dutt: „Künftig gibt es eine einheitliche Spielkonzeption von der Jugend bis zu den Profis.“

Betreuerteam: Co-Trainer Armin Reutershahn, Fitnesstrainer Christos Papadopoulos und Torwarttrainer Andreas Menger bleiben. Neuer Teammanager wird Ex-Profi Günther Schäfer (52), der bisher die Fußballschule leitete. Er übernimmt koordinative Aufgaben bei den Profis und kümmert sich um die Betreuung der Toptalente im eigenen Nachwuchsleistungszentrum und um ausgeliehene Profis. „Sie sollen sich weiter als VfB-Spieler fühlen“, sagte Robin Dutt. Als Mentalcoach hat der VfB den studierten Psychologen und Ex-Profi Philipp Laux (42/zuletzt RB Leipzig) verpflichtet, der die Profis ständig betreuen wird.

Management: Zum bisherigen Team um Robin Dutt mit dessen Assistentin Katja Schmidt und dem Juristen Jan Räker gesellt sich Ex-Profi Joachim Cast (47). Als Manager Sportorganisation soll er Dutt entlasten. Der gebürtige Marbacher war für den FC Marbach, die TSF Ditzingen, den SSV Reutlingen und die Stuttgarter Kickers am Ball, danach war er Kickers-Manager. Zuletzt arbeitete er für eine US-Berateragentur.

Erster Neuzugang aus Heidenheim

Scouting: Das Team um Chefscout Ralf Becker erweitert sich um den gebürtigen Augsburger Alexander Schmidt (46/zuletzt Trainer Jahn Regensburg) und um Weltmeister Guido Buchwald (54). Der Ehrenspielführer und Ehrenrat des VfB ist ein Kenner der japanischen J-League und soll ein Auge auf den asiatischen Spielermarkt haben. Parallel dazu soll er die Internationalisierung des Vereins vorantreiben und Kooperationspartner an Land ziehen. In dieser Funktion ist er bereits für den VfB unterwegs.

Transfers: Erster Neuzugang ist Linksverteidiger Philip Heise (23) vom Zweitligisten 1. FC Heidenheim.

Aufsichtsrat: Nach dem Rücktritt von Hansi Müller sucht der VfB Ersatz – Thomas Hitzlsperger ist ebenso im Gespräch wie dessen ehemaliger Profikollege Karl Allgöwer. Für das Zusammenspiel mit dem Vorstand gelten neue Spielregeln: „Wir müssen mehr miteinander und nicht übereinander oder gar gegeneinander reden“, sagte Bernd Wahler.

Finanzen: Die Bereiche Sport und Finanzen sollen enger verzahnt werden. „Alle Ressorts arbeiten künftig dem sportlichen Bereich zu“, fordert Wahler. Die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung lässt auf sich warten (Wahler: „Das haben wir zu früh thematisiert“), der Gesamtumsatz und der finanzielle Anteil des Sports sollen gesteigert und die Gehaltskosten der Profiabteilung gehalten werden – alles möglichst ohne die Veräußerung von TV- und Marketingrechten, die der VfB allesamt in eigenen Händen hält. „Jeder Euro, den der Verein einnimmt, muss im Profi- oder Nachwuchsbereich ankommen“, sagte Wahler, „und wir müssen das Geld für Transfers zielführender ausgeben.“

Ausblick: Alle Neuerungen greifen nicht sofort. „Wir werden die Auswirkungen noch nicht am Tabellenplatz der kommenden Saison ablesen können“, sagte Dutt, „Saisonziel ist ein Platz im gesicherten Mittelfeld.“