Für die Kinder ist die Frühstücksrunde eine gesellige. Daher kommen sie gern. Foto: Sägesser

Seit anderthalb Jahren bekommen Kinder an der Albschule an zwei Tagen ein Gratis-Frühstück. Das haben sie den Kirchen vor Ort zu verdanken. Für die Grundschüler ist es ein Angebot für Leib – und Seele.

Degerloch - Zum Schluss sprenkelt die Marmelade den weißen Pulli. Das kommt vor, wenn der Genuss beim Frühstück genauso wichtig ist wie die Butter auf dem Brot. Die selbst gemachte Erdbeermarmelade ist bei den Kindern der Renner, dafür lassen sie selbst die Nuss-Nugat-Creme unangetastet stehen. Es ist 7.30 Uhr an einem Montagmorgen, der Rest vom Frühstücksfest, drei Kinder, sitzt am Tisch und verdrückt süße Brote. Willkommen im Café Morgensonne an der Albschule.

Die Kirchen übernehmen die Kosten

Seit Oktober 2013 können die Degerlocher Grundschüler montags und donnerstags kostenlos an der Wurmlinger Straße frühstücken. Der Anlass war die Beobachtung von Lehrern, dass die Kinder morgens immer früher um die Schule schlichen und dass einige von ihnen noch nichts im Magen hatten. Manche hatten nicht einmal ein Vesper für die Pause im Ranzen.

Dass die Kinder seit nun anderthalb Jahren gratis Müsli löffeln und Marmeladebrot schlemmen können, haben sie den Kirchen vor Ort zu verdanken. Sowohl die evangelische als auch die katholische Gemeinde sahen es als ihre Pflicht zu handeln. Die jährlichen Kosten liegen bei rund 6000 Euro. „Wir sind nicht zum Predigen da, sondern zum Tun“, sagt Carmen Gremmelspacher von der katholischen Gemeinde Mariä Himmelfahrt. „Wir wollen da sein, wo Menschen Hilfe brauchen.“ Und offensichtlich fehlt in manchen Familien in Degerloch und Sonnenberg – dem Einzugsgebiet für die Albschule – eine Frühstückskultur. Wer nun sofort an Mittellose denkt, die am Brötchen für den Nachwuchs sparen, dürfte sich irren. „Die Sozialkompetenz einer Familie bemisst sich nicht an ihrem Einkommen“, sagt Carmen Gremmelspacher.

Das können Petra Gohl-Kümpfbeck und Corinna Lombacher bestätigen. Die beiden Frauen bereiten zweimal die Woche das Frühstück im Café Morgensonne vor, räumen hinterher ab und wischen die Krümel vom Tisch. „Das hat nichts mit Arm oder Reich zu tun“, sagt Petra Gohl-Kümpfbeck. Sie erklären sich die Sache damit, dass viele Eltern morgens schon früh aus dem Haus müssen und dass dann keine Zeit mehr für die Morgensemmel bleibt.

„Manche Kinder haben auch schon daheim gefrühstückt und setzen sich trotzdem dazu“, erzählen die zwei Frauen. „Die Kinder genießen es, in der großen Runde zu frühstücken“, sagt Petra Gohl-Kümpfbeck. Eine Beobachtung, die die Leiterin der Albschule, Maria Hezel, teilt. „Die Geselligkeit steht im Vordergrund“, sagt sie. Es sei ein Frühstück für Leib – und Seele.

Ein Drittel der Kinder kommt ohne Frühstück

Hungrige Schulkinder in den Morgenstunden sind freilich kein Degerlocher Phänomen. Gemäß einer Studie des Kinderhilfswerks Unicef aus dem Jahr 2013 kommt in Deutschland ein Drittel der Kinder morgens an die Schule, ohne vorher gefrühstückt zu haben. An der Degerlocher Albschule besuchen 20 bis 30 der 220 Schüler an den Montagen und Donnerstagen das Café Morgensonne.

Gegen 8 Uhr kehrt Ruhe ein in der Frühstücksoase. Die letzten drei Jungs haben sich noch ein halbes Brötchen in eine Papiertüte gepackt, die Marmeladeflecken sind notdürftig vom weißen Pulli gewischt, und die satten Jungen sind davongebraust. Draußen auf dem Flur warten die Kumpels. Petra Gohl-Kümpfbeck und Corinna Lombacher setzen sich hin und schenken sich Kaffee ein.

Die restlichen Brötchen im Korb sind übrigens weder Biomüll noch Entenfutter. Dank dem Hausmeister der Albschule, der kurz nach 8 Uhr reinkommt, sein Werkzeug ablegt, die Jacke über den Stuhl hängt und sich ein Frühstücksbrot belegt. Mit Salami, nicht mit Erdbeermarmelade.