Eine Ausstellung im Rahmen der Verkehrssicherheitswoche beleuchtet das Schicksal junger Menschen, die im Straßenverkehr tödlich verunglückten. Foto: Georg Linsenmann

An der Kaufmännischen Schule in Stuttgart-Nord findet eine Aktionswoche zur Verkehrssicherheit statt. Die Ausstellung mit dem Titel „Schatten – Ich wollte doch leben!“ geht unter die Haut – sie beleuchtet das Schicksal junger Menschen, die im Straßenverkehr tödlich verunglückten.

S-Nord - „Wer über 24 Jahre alt ist, hat das Schlimmste überstanden.“ So knapp hat ein Verkehrspsychologe einmal diesen erschreckenden Befund auf den Punkt gebracht: Jeder sechste Unfalltote ist zwischen 18 und 24 Jahre alt. Diese Altersgruppe ist also deutlich mehr von tödlichen Verkehrsunfällen betroffen als jede andere. Vor diesem Hintergrund veranstaltet das Polizeipräsidium Stuttgart zusammen mit der Verkehrswacht Stuttgart und dem ADAC Württemberg noch bis Freitag, 10. Juni, eine Verkehrssicherheitswoche an der Kaufmännischen Schule Stuttgart-Nord. Es sei „eine etwas andere, weiter gestrickte Schulwoche“ betonte Schulleiter Roland Weber zum Start der Aktionswoche, wobei er sich direkt an die im Foyer versammelte, mucksmäuschenstille Schülerschar wandte: „Diese Woche ist Ihnen gewidmet. Sie soll Ihnen ein Gespür geben und das notwendige Wissen vermitteln für besondere Risiken im Straßenverkehr.“

Die Ausstellung als Weckruf zum Nachdenken

Unübersehbar werden die jungen Leute bei der Ausstellung „Schatten – Ich wollte doch leben!“ von einem Ensemble lebensgroßer Schatten begleitet, in Form von Schattenrissen, die an sechs Unfallopfer aus der Altersgruppe erinnern. Eine preisgekrönte Darstellung der Kommunikationsdesignerin Marlene Schlund, die vom ADAC Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt wird. Eingearbeitet sind Fotos und Texte, die an die Lebenslust der Opfer erinnern – und an die tragischen Umstände der Unfälle, die sie unvermittelt aus dem Leben gerissen haben. Eine Darstellung, die ihm „unter die Haut“ gehe, bekannte der Schulleiter. Ganz direkt benannte Denise Gregori vom ADAC dann auch den zentralen Zweck der Präsentation: „Damit nicht noch mehr Kreuze am Straßenrad stehen.“ Wobei sie auch auf eine zuletzt verstärkt in den Blick geratene Unfallursache aufmerksam machte: die Ablenkung durch den Blick auf das allgegenwärtige Smartphone.

Die Schatten freilich sollen die Woche zur Verkehrssicherheit nicht zur Trauerveranstaltung machen, sondern mit dem nötigen Ernst grundieren. So sieht es auch Viktor, als er sich mit ein paar Mitschülerinnen und Mitschülern die Ausstellung anschaut: „Ich verstehe das als Weckruf zum Nachdenken, damit man das nicht auf die leichte Schulter nimmt“, sagt er, und Sonja findet es gut, „dass einem die Schicksale bildlich vor Augen geführt werden“. Auf die Frage, ob jemand in der Runde eventuell schon mal im Bekanntenkreis direkt betroffen war, entschlüpft Meline ein „Gott sei Dank nicht!“ Dann betont sie: „Es ist gut, dass man hier nicht nur trockene Theorie vorgesetzt bekommt, sondern auch viel selbst machen kann.“

Die Rauschbrille simuliert die alkoholgetrübte Wahrnehmung

Dafür sorgen die Aktionspartner von der Verkehrswacht Stuttgart oder der Abteilung Verkehrsprävention der Polizei, deren Leiter Hermann Volkert betont: „Wir sind ja viel an Schulen präsent. Aber hier erreichen wir speziell die besonders gefährdete Zielgruppe der Fahranfänger und jungen Fahrer.“ Neben Sachinformation sei es auch „wichtig, die Gefühlsebene anzusprechen, denn es geht hier ums Leben. Dafür wollen wir sensibilisieren.“ Sämtliche Klassen durchlaufen während der Woche das Programm, das so 500 Schülerinnen und Schüler direkt erreicht. „Hinzu kommt das Laufpublikum”, wie Volkert es nennt, „das an den Schatten vorbeigeht und so ebenfalls auf das Thema aufmerksam gemacht wird“.

Die Ausstellung ist nur ein Teil der Aktionswoche, zu deren Auftakt die jungen Leute gleich voll bei der Sache sind. Etwa im Parcours, der mit einer sogenannten „Rauschbrille” durchlaufen wird, die 0,8 Promille Alkohol im Blut simuliert: „Jeder, der da durchgegangen ist, hat einen Unfall produziert“, berichtet Stefan. Und umlagert ist im Hinterhof der Schule die steile Rampe mit dem Doppelschlitten, an dem die Fliehkräfte, die bei einem Aufprall entstehen, erlebbar werden: vom Sicherheitsgurt aufgefangen. Und ein Hit ist der Fahrsimulator. „Markus am Steuer, ungeheuer!“ tönt ein Mitschüler – kurz bevor die Fahrt des Schülers, der „noch keinen Lappen“ hat, mit einem Crash endet. So lässt sich simulieren, wovon ein großes Spruchband kündet: „Schnell – kann alles vorbei sein“. Gleich daneben das Motto der Woche: „Vorsicht hat Vorfahrt.“