Die Studentinnen der Modeschule Kehrer zeigen ihre eigene faire Kollektion. Foto: Nina Ayerle

Kleidertausch, Upcycling und regional einkaufen: Die VHS zeigt bei ihrem Aktionstag Wege zu fairer Kleidung.

S-Süd - Viel Geld für teure Kleider hat die 16-jährige Emma nicht. Primark meide sie, aber zu H&M gehe sie gelegentlich. „Die meisten Sachen im Handel sind schlecht produziert“, weiß die Schülerin. Deshalb näht sie am liebsten vieles selbst. Auf der Suche nach einem Nähkurs im Internet ist ihr besonders der Upcycling Workshop „Pimp your shirt and more“ im Rahmen des Aktionstages „fashion loves fair“ der VHS Stuttgart aufgefallen. Wie sie mit einfachen Handgriffen und Tricks ihre alten Kleidungsstücken aufpeppen kann, hat die 16-Jährige dort am Samstag gelernt.

Gezeigt hat ihr dies die Kursleiterin Silke Hampel. „Ich finde es gut, wenn die Leute selbst kreativ werden und weg von der Massenware kommen“, sagte die Designerin. Und: „Wer selbst acht Stunden an einem T-Shirt genäht hat, weiß wie viel Arbeit darin steckt“, sagt Hampel. Danach würde man besser verstehen, dass ein Shirt nicht fünf Euro kosten könne. Bei ihrem Label „Rote Zora“ achtet sie besonders auf Bio-Zertifikate, die Produktion übernehmen sie und ihre Kollegin Katrin Gonser fast komplett selbst. Die Designerinnen wollen in ihrem Ladenatelier im Stuttgarter Westen zwei Dinge verbinden: Fashion und Fairness. „Wir kommen nicht aus der Öko-Ecke, und das ganz bewusst nicht.“

In der Mode ist der Bio-Gedanke noch nicht weit verbreitet

Während beim Essen und in anderen Bereichen der Bio-Gedanke längst populär geworden ist, ist es im Bereich Mode noch ein weiter Weg dahin. Um dieses Bewusstsein in der Öffentlichkeit mehr zu schärfen, veranstaltete die Volkshochschule Stuttgart den Aktionstag „fashion loves fair“. Im Rahmen des Länderfestivals Indien lud die VHS erstmals gemeinsam mit den Stuttgarter Grünen, zahlreichen Stuttgarter Labels und der Kampagne für saubere Kleidung am Samstag zu dem Infotag im Treffpunkt Rotebühlplatz ein.

Die wenigsten Textilien, die der Kunde in deutschen Läden findet, wurden in Deutschland produziert. Indien, Bangladesch und China sind die Namen, die zuerst mit Textilproduktion in Verbindung gebracht werden – aber auch mit brennenden Textilfabriken, Näherinnen, die zu unmenschlichen Bedingungen und zu Hungerlöhnen arbeiten, sowie chemisch behandelter Kleidung, die im Ausland billig verkauft wird. Die wenigsten Menschen denken darüber beim Kleiderkauf nach. „Wir haben aber hier als Konsumenten auch Einfluss auf die Herstellung dort im fernen Indien“, erinnerte die VHS-Direktorin Dagmar Mikasch-Köthner die Besucher.

Dass dies tatsächlich möglich ist, haben zahlreiche Stuttgarter Labels und Geschäfte beim Markt der Möglichkeiten in der Eingangshalle gezeigt. Markus Beck und Mirko Krautter setzen mit Greenality auf lässige Streetwear, die Marke „Göttin des Glücks“ auf schicke, bunte Damenmode und Silke Hampel mit ihren Kollektionen auf ausgefallene und exquisite Einzelstücke. Die Labels und Shops produzieren entweder selbst oder nur in Deutschland, bei der Herstellungskette und den Rohstoffen achten sie auf die gängigen Fairtrade-Zertifikate. Dass jeder selbst etwas tun kann, das zeigten beispielhaft die Stuttgarter Schülerinnen Ioanna Golema, Johanna Maisch und Larissa Lengling. Sie hatten sich im Schulunterricht mit fairer Mode beschäftigt und danach schlicht ihr eigenes Label „Young fashion fair“ gegründet. Seit knapp einem Jahr vertreiben die Teenager ihre fair gehandelten T-Shirts und schließen damit sogar eine Marktlücke. „Für Jugendliche gab es wenig Kleidung, die gleichzeitig cool und hip ist, aber aus fairer Produktion“, sagte die 15-jährige Johanna Maisch.

Das angestaubte Öko-Image gibt es nicht mehr

Faire Kleidung ist längst schick und modisch, das angestaubte Ökoimage Geschichte. Das zeigten Studentinnen der Modeschule Kehrer dann zum Abschluss des Tages bei der ökofairen Modeschau dem Publikum. Kleider der Stuttgarter Marke „Ecocarrots“ präsentierten die Mädchen auf dem improvisierten Laufsteg ebenso wie von Göttin des Glücks und Rote Zora sowie unter dem Titel „space race“ und „frozen“ ihre eigenen Kollektionen. Ihre Aufgabe dabei war, möglichst fair gehandelte und ökologische Rohstoffe zu verwenden. „Für die Mädchen hat sich dabei gezeigt, wie schwierig es tatsächlich ist“, sagte die Moderatorin Anna Deparnay-Grunenberg. Dennoch seien sie auf die Suche gegangen, aber ihre Vorgaben konnten sie nicht ganz erfüllen, so die Fraktionssprecherin der Grünen im Gemeinderat. „Es muss ja auch nicht immer 100 Prozent ökofair sein, aber ein bisschen ist ein Anfang“, fügte sie hinzu. Bewusster einkaufen, vielleicht auch einfach weniger, sei ein erster Schritt.

Oder einfach tauschen statt wegwerfen. „Jeder hat ja Sachen, die noch gut sind. Die können jemand anderem zugutekommen“, sagte Silke Wedemeier von der Regionalgruppe Stuttgart der Kampagne für saubere Kleidung (CCC). Und tauschen ist in. Bei Wedemeiers Kleidertauschparty war am Samstagmittag fast kein Durchkommen mehr. Schon kurz vor elf Uhr seien die Damen vor der VHS mit ihren Tüten Schlange gestanden, erzählte sie. Mit genauso vielen Tüten sind die meisten wieder gegangen. Weggeworfen wurde nichts.