Laes und die Kinderheldin Nina Gruber kennen sich seit der Grundschulzeit. Sie haben beschlossen, auch auf der weiterführenden Schule ein Tandem zu bleiben. Foto: lg/Leif Piechowski

An diesem Samstag beginnt die 47. Aktion Weihnachten der Stuttgarter Nachrichten. Wir wollen insbesondere Kindern helfen – beim Start, aber auch am Ende eines viel zu kurzen Lebens.

Stuttgart - Windeln, Klamotten, Sportschuhe, Busfahrkarte – Kinder kosten richtig Geld. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts mehr als 500 Euro im Monat. Doch in vielen Familien kommt viel zu wenig Salär rein, als dass 500 Euro für ein Kind ausgegeben werden könnten. Auch über Hartz IV fließen lediglich 237 bis 311 Euro in schmale Geldbeutel. In Stuttgart sind rund 12 000 Kinder von staatlicher Hilfe abhängig, rund 9000 von ihnen haben einen deutschen Pass.

Laes spielt heute im Fußballverein

Wo Schmalhans Küchenmeister ist, fehlt es an angemessener Kleidung, gesunder Ernährung oder anderen augenfälligen Dingen. Oder sie entwickeln keine Perspektive, weil sich die Erwachsenen darum nicht kümmern können oder für Anregungen kein Geld übrig haben. In der Landeshauptstadt gibt es allerdings rund 300 Ehrenamtliche, die für die gemeinnützigen „Kinderhelden“ sozial benachteiligte Kinder an die Hand nehmen, ein Tandem mit ihnen bilden und sie durch die Grundschulzeit begleiten. Mit welche gutem Erfolg dies gelingt, das schildert Nina Gruber. „Laes hat auf die Werkrealschule gewechselt und spielt zwei Mal die Woche im Fußballverein. Seine Familie begleitet ihn am Wochenende zu den Spielen. Der ist super angekommen.“

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Ein Jahr lang hatte Nina Gruber den syrischen Grundschüler begleitet, war mit ihm in der Bücherei, beim Klettern, beim Schlittschuhlaufen, auf der Jugendfarm, in Museen, hat mit ihm gerechnet und gelesen. „Nun, da er auf der weiterführenden Schule ist, habe ich ihn gefragt, ob er weitermachen will, und er ist damit einverstanden“, sagt die Kinderheldin. Jetzt treffen sich die beiden alle zwei Wochen zum Lernen, Spielen und zu Streifzügen durch die Stadt.

Besser in Deutsch, Mathe und beim Arbeiten

Ralph Benz, der Geschäftsführer der gemeinnützigen GmbH, hält den Tandems den Rücken frei: „Wir vermitteln die Schüler, die uns von den Schulen vorgeschlagen werden, an die passenden Ehrenamtlichen, organisieren Fortbildungen, beschaffen Lernmittel und bieten mehrmals im Schuljahr Gruppenunternehmungen an, die für die Kinder was Besonderes sind und für die Ehrenamtlichen Gelegenheit zum Austausch.“ Derya Kaya, Wirtschaftsmathematikerin mit Migrationshintergrund, betreut ein neunjähriges Mädchen. „Für die Gruppenangebote war ich immer dankbar“, sagt sie, „weil man Orte und Leute kennenlernt und Rat suchen kann bei den anderen Mentoren.“

„Inzwischen hat sich unser Mentorenprojekt an den Schulen herumgesprochen“, sagt Ralph Benz. Seit einigen Jahren überprüfen und dokumentieren die Kinderhelden ihre Wirkung bei deutschen Schülern. Nach Angaben der Fachlehrer haben die Tandem-Schülern sich im vergangenen Schuljahr „signifikant verbessert“ in der sprachlichen Kompetenz (Deutsch) und Mathematik, das Tandem habe ihr Selbstbewusstsein und ihr Lern- und Arbeitsverhalten gestärkt.

Die Aktion Weihnachten möchte den Kinderhelden den Einsatz auch an weiterführenden Schulen ermöglichen. Die Stadt gibt bisher einen Betriebskostenzuschuss für eine Dreiviertelstelle, der Gemeinderat hat mehrheitlich für die Jahre 2018 und 2019 eine Projektförderung in Höhe von 50 000 Euro im Jahr beschlossen. Für die Ausstattung weiterer Lernboxen, für Gruppenaktionen, Eintrittskarten und mehr muss aber noch eine Lücke gefüllt werden.

Geschwisterkinder sollen zum Zug kommen

Diese Zeitung bemüht sich um ein zweites Projekt: das Kinder- und Jugendhospiz Stuttgart. Den Bau haben Firmen, Groß- und Kleinspender ermöglicht, für den Unterhalt sorgen die evangelische Kirche, die Stadt und noch mehr Spender. Und doch gibt es einen kleinen Bereich, der bisher unterfinanziert ist. Die Familien, die ein Kind mit einer lebensverkürzenden Krankheit dorthin begleiten müssen, passen längst nicht mehr ins Schema Mutter-Vater-Kind. „Manchmal ist die Beziehung zu einer Großmutter sehr eng, manchmal kommt nach einer Trennung ein dritter Elternteil dazu“, sagt Martin Klumpp vom Förderverein des Hospizes. Die Kosten für deren Aufenthalt übernimmt die Krankenkasse jedoch nicht.

„Gelegentlich fehlt es auch an Essenziellem“, so Klumpp weiter, „an geeigneten Schuhen oder Sportsachen.“ Finanziert werden muss auch das samstägliche Eltern-Kind-Treffen für jene, die ihr Kind meist rund um die Uhr zu Hause pflegen, oder der Spielenachmittag für Geschwisterkinder, damit auch sie mal zum Zug kommen. „Wir sind darauf angewiesen, dass uns die Bevölkerung nicht hängen lässt“, hat Martin Klumpp anlässlich der Eröffnung des Kinder- und Jugendhospiz gesagt. Die Aktion Weihnachten geht mit gutem Beispiel voran.