Der Vorsitzende des Mietervereins, Rolf Gaßmann, will Mieter unterstützen, die zu unzulässig hohe Mietaufschläge hinnehmen müssen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Immer wenn es einen neue Mietspiegel gibt, heben Wohnungseigentümer die Mieten an. Das stellt der Mieterverein Stuttgart immer wieder fest. Und auch, dass nicht alle Aufschläge auch rechtmäßig sind. Deshalb bietet der Verein Betroffenen die Möglichkeit, dies durch einen „Mietpreischeck“ prüfen zu lassen.

Stuttgart - Der seit Jahresbeginn geltende neueMietspiegel führt offenbar dazu, dass Wohnungseigentümer die Mieten nochmals deutlich erhöhen. Diese Erfahrung macht der Mieterverein Stuttgart. Da ein hoher Prozentsatz der Erhöhungen nicht den gesetzlichen Vorgaben entspreche, bietet der Verein bis Ostern einen auch für Nichtmitglieder kostenlosen „Mietpreischeck“ an.

„Wir stellen fest, dass es wieder zu erheblichen Mietpreissteigerungen kommt“, sagt der Vorsitzende des Mietervereins Stuttgart, Rolf Gaßmann. Gerade bei gewinnorientierten Großvermietern komme es vor, dass nach Ablauf der vorgeschriebenen Frist „schon die nächste Mieterhöhung kommt“. Inzwischen betreffe jede siebte Beratung des Vereins die Erhöhung der Monatsmiete, so Gaßmann. Etwa 10 000 Beratungen pro Jahr bieten die Mitarbeiter des Vereins, der insgesamt rund 30 000 Mitglieder hat.

Viele Mieterhöhungen sind nicht begründet

In den Gesprächen stellen die Experten fest, „dass jede zweite Mieterhöhung nicht den inhaltlichen oder formalen Anforderung genügt“, erklärt Angelika Brautmeier, die Geschäftsführerin des Vereins. So werde häufig „die Kappungsgrenze nicht beachtet“. Die Miete dürfe innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 15  Prozent erhöht werden, so Brautmeier, „15 Monate müssen zwischen jeder Mieterhöhung liegen“. Aufschläge würden vom Vermieter oft „nicht hinreichend begründet“.

Ein zentrales Thema beim Mieterverein ist die Einhaltung der in Stuttgart geltenden „Mietpreisbremsenverordnung“. Werden Wohnungen wiedervermietet, darf die neue Monatsmiete maximal zehn Prozent über dem vergleichbaren Mietspiegelwert liegen. Dieser beträgt im Durchschnitt aller Stuttgarter Mietwohnungen 9,50 Euro pro Quadratmeter.

Wucherpreise bei möblierten Wohnungen

Bei einer Stichprobe mit rund 100 Wohnungen, die an einem Tag in einem bekannten Immobilienportal für Stuttgart angeboten waren, hat Rolf Gaßmann festgestellt: Nur ein Drittel der Wohnungen habe unterhalb des noch zulässigen Wertes gelegen, „zwei Drittel lagen darüber“. Daraus schließt der Vereinsvorsitzende, dass ein Großteil der etwa 20 000 Wohnungen, die in der Landeshauptstadt jedes Jahr neu vermietet werden, unzulässig überteuert ist. Wucherpreise stelle man immer wieder bei möblierten Wohnungen fest, so Gaßmann. Diese seien oft nur spärlich möbliert, kosteten aber trotzdem 25 bis 30 Euro Miete pro Quadratmeter. Dabei sei nur erlaubt, jeden Monat 1,5 bis 2,5 Prozent des Zeitwerts der Einrichtung aufzuschlagen.

Wer die Höhe der eigenen Miete überprüfen möchte, kann dies mit dem Fragebogen des Mietvereins tun. Auf vier Seiten werden Angaben zu Baujahr, Größe, Lage und Ausstattung der Wohnung abgefragt. Vom Verein erhält man dann eine Einschätzung, ob der verlangte Mietpreis angemessen und zulässig ist. Rolf Gaßmann verspricht: „Innerhalb von zwei Wochen geben wir Antwort.“

Mehr Streit vor Gericht

Angesichts des angespannten Mietmarktes und hoher und weiter steigender Mieten will der Verein Betroffenen einen Service bieten und dazu beitragen, dass heute überhöhte Mieten nicht morgen den Mietspiegel weiter anheben. Die Aktion sei auch gedacht als „Vorsichtsfunktion, die raffgierige Vermieter von überzogenen Mietforderungen abhalten soll“, so Gaßmann. Die sollten merken, „dass Mieter sich wehren“.

Geschäftsführerin Angelika Brautmeier stellt in den Beratungen auch fest, dass die Zahl der Räumungsklagen wieder steige. Ein Grund dafür sei, dass ein Mieter nach einer Eigenbedarfskündigung keine neue Wohnung findet. Dies kann Klaus Hinrichs, Richter am Amtsgericht Stuttgart, nur zum Teil bestätigen. Eine merkliche Erhöhung der Räumungsklagen kann er nicht erkennen. Der in Stuttgart sehr angespannte Mietmarkt schlage aber auf andere Weise auf die Gerichte durch. Früher habe man bei Räumungsklagen häufig Vergleiche erreicht, die Mieter hätten sich im Verlauf abfinden lassen. Das sei inzwischen anders, sagt Klaus Hinrichs. „Heute kämpfen Mieter viel verbissener, weil sie nur noch sehr schwer eine neue Wohnung finden.“

Hilfen für Mieter

Den Fragebogen für den Mietpreischeck können Interessierte unter www.mieterverein-stuttgart.de herunterladen, telefonisch unter 07 11 / 21 01 60 bestellen oder in der Geschäftsstelle des Mietervereins, Moserstraße 5, abholen. Wer Hilfe beim Ausfüllen benötigt, erhält diese dort dienstags von 16 bis 18 Uhr.