Afrika-Meister mit zwei Ländern: der Franzose Hervé Renard Foto: AFP

Trainer Hervé Renard hat bereits zwei Nationen zum Titel geführt – jetzt versucht er es mit Marokko.

Stuttgart - Am Vorabend jenes Tages, an dem Hervé Renard zum Volkshelden Sambias wird, wirft der französische Fußballtrainer den Blick noch einmal zurück. „Acht Jahre lang habe ich den Müll rausgetragen“, sagt er im Februar 2012, „jetzt stehe ich im Endspiel des Afrika-Cups. Der Fußball ist magisch.“

So wundersam ist dieser Sport, dass die sambische Auswahl der Namenlosen am nächsten Tag die haushoch favorisierten Stars von der Elfenbeinküste im Elfmeterschießen besiegt. Es ist eine der größten Sensationen in der Geschichte des Kontinentalturniers. Einen weiteren Titel lässt Renard im Jahr 2015 folgen, als er auf der ivorischen Bank sitzt. Er ist der erste Ausländer, der die Elfenbeinküste zum Sieg führt. Und der erste Trainer überhaupt, der mit zwei verschiedenen Nationalteams den Afrika-Cup gewinnt.

Renard arbeitete nebenher als Gebäudereiniger

Nicht auszuschließen, dass jetzt Renards dritter Triumph folgt, diesmal mit der Auswahl Marokkos. Zu den Favoriten zählen die Nordafrikaner in Gabun zwar nicht – doch gibt es keinen größeren Glücksritter als ihren Nationaltrainer, den früheren Gebäudereiniger, der beim Afrika-Cup immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort war.

Hervé Renard (48), geboren in Aix-les-Bains in Savoyen, ist ein mäßig begabter Fußballer gewesen. Mit 15 kommt er in die Jugendakademie des AS Cannes, trifft dort Didier Deschamps und Marcel Desailly, die späteren Weltmeister – und merkt: So gut wie sie würde er niemals werden. Über die dritte Liga kommt der Abwehrspieler nicht hinaus und beendet frühzeitig seine Karriere, um sich als Trainer zu versuchen. Auf den Durchbruch aber wartet er zunächst auch an der Seitenlinie vergeblich.

In der Amateurliga leitet er abends das Training und geht in aller Früh wieder als Gebäudereiniger ans Werk. Nie werde er diese Zeit vergessen, „als ich jeden Morgen um drei aufstehen musste, um arbeiten zu gehen“. Es habe ihn gelehrt, nicht abzuheben, als der Erfolg kommt.

Mit Sambia zum ersten Titel

2001 schließt sich Renard als Assistent Claude Le Roy an, dem großen französischen Trainer-Globetrotter, der fortan sein Mentor wird. Nach Stationen in China, England und Frankreich landen sie 2007 in Ghana, Renards Erstkontakt mit Afrika. Ohne Le Roy, in Gabun nun für die Auswahl Togos verantwortlich, „hätte ich niemals diesen Kontinent entdeckt und wäre niemals diesen Weg gegangen“, sagt Renard.

Von 2008 an versucht er es auf eigene Faust. In Sambia fängt Renard an und geht nach Angola; dann folgen die zweite Amtszeit in Sambia und der erste Titel, später der zweite mit der Elfenbeinküste. Mit Sambia hat Renard im Endspiel 2012 das Glück, dass sich aufseiten der Ivorer die Superstars Didier Drogba und Yaya Touré einen erbitterten Hahnenkampf liefern. Und als der Trainer drei Jahre später mit der Elfenbeinküste gewinnt, geht kein Riss mehr durch die Mannschaft, weil Drogba kurz vorher zurückgetreten ist.

Auch in der Heimat bleiben die Erfolge in Afrika nicht verborgen. Renard wird erst von Sochaux verpflichtet und bekommt 2015 einen Dreijahresvertrag beim OSC Lille. Doch kein halbes Jahr später folgt die Entlassung wegen Erfolglosigkeit – und im Februar 2016 die Rückkehr nach Afrika. „Was ich am Afrika-Cup liebe, ist zu sehen, wie die Anhänger verschiedener Teams gemeinsam in den Stadien tanzen“, sagt Renard: „Diese Folklore und dieses Feiern machen den Fußball schöner.“