Ihre Bundestagskandidaten stellte die AfD im November in Kehl lieber unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf – hier wartende Medienvertreter vor der Kehler Stadthalle. Foto: dpa

Dass Parteien Journalisten von ihren Veranstaltungen aussperren, wollen mehrere Gemeinden in Baden-Württemberg nicht mehr länger akzeptieren und ziehen Konsequenzen.

Stuttgart - Ein halbes Jahr nach dem Ausschluss von Medienvertretern von zwei Parteiveranstaltungen der AfD ziehen mehrere Städte daraus Konsequenzen: Sie ändern die Nutzungsordnungen ihrer Hallen so, dass politische Veranstaltungen künftig nur dann erlaubt sind, wenn die Presse darüber berichten darf. Den Anfang hat im Mai die Stadt Gerlingen (Kreis Ludwigsburg) gemacht. „Wir wollen, dass Medienberichterstattung zugelassen ist“, begründet Bürgermeister Georg Brenner (parteilos) den Gemeinderatsbeschluss, die Bestimmungen für die Überlassung von kommunalen Räumen zu ändern. Seither heißt es dort: „Bei politischen Veranstaltungen muss die Teilnahme von Vertretern der Medienberichterstattung (Fernsehen, Radio, Zeitung, Internet) gestattet sein.“

Mittlerweile hat dieses Thema weitere Kommunalparlamente erreicht. So haben es etwa Eislingen und Oberndorf am Neckar auf die Tagesordnung gesetzt. Sieben Städte hätten bislang Interesse gezeigt, dem Gerlinger Beispiel zu folgen, sagt Norbert Brugger vom baden-württembergischen Städtetag. Der kommunale Spitzenverband hat bei der Formulierung Beratungshilfe geleistet und so eine Art Vorlage geliefert. Auch das südbadische Rheinfelden will sich daran orientieren und spätestens nach den Sommerferien die Hallenordnung neu fassen.

Stopp für die Politik

„Nach unserem Demokratieverständnis sind Parteien für die politische Willensbildung wichtig, deshalb wollen wir unsere Hallen dafür offen lassen“, sagt Hauptamtsleiter Hans Peter Schuler. Allerdings hätten die Bürger das Recht, über die Versammlungen in den Medien zu erfahren. Rheinfelden hat in diesem Zusammenhang einschlägige Erfahrungen mit der AfD gemacht: Als die örtliche Parteigliederung kürzlich den Bundestagswahlkampf eröffnete, verweigerte man einer Redakteurin die Akkreditierung. In der Stadt am Hochrhein will man die Vorgabe für die Hallennutzung deshalb noch schärfer als in Gerlingen fassen und vom Hallen-Mieter verlangen, dass die Medien „uneingeschränkt Zugang“ haben. Soll heißen: Parteien dürfen sich nicht anmaßen, ihnen genehme Medienvertreter auszuwählen.

Pliezhausen geht solchen Querelen lieber ganz aus dem Weg. Der Gemeinderat hat kürzlich beschlossen, Hallen und Säle für politische Veranstaltungen gänzlich zu sperren. Parteitage und Wahlkampfauftritte sind in kommunalen Räumen also grundsätzlich nicht mehr erlaubt. Das ist in Baden-Württemberg durchaus keine Seltenheit: Als das Innenministerium vor acht Jahren wissen wollte, wie die Kommunen im Land mit ihren Hallen umgehen, antworteten 33, dass sie jegliche Nutzung von Parteien ausschließen. 122 gaben an, dass sie die Räume nur eingeschränkt zur Verfügung stellen und etwa Veranstaltungen mit überörtlichem Charakter oder in einem bestimmten Zeitraum vor Wahlen untersagen.

Mal so, mal so

Der Anlass war damals die Anfrage der Calwer CDU für einen Auftritt des damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger im Rahmen des Europa- und Kommunalwahlkampfes – was die Stadt unter Hinweis auf ihre Hallenordnung abschlägig beschied. Die Gemeinden hätten bei solchen Einschränkungen weit gehend freie Hand, heißt es beim Städtetag – vorausgesetzt, sie behandeln alle Parteien gleich.

Wie die AfD künftig auf ihren Veranstaltungen mit der medialen Öffentlichkeit umgeht, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Beim Landesverband legt man Wert auf die Feststellung, dass die Medien von zwei Versammlungen in Kehl und Nürtingen ausgeschlossen worden seien, bei denen Bundestagskandidaten nominiert worden seien. Bei allen ordentlichen und außerordentlichen Parteitagen sei die Presse aber immer zugelassen worden. Diese Entscheidung obliege aber der jeweiligen Versammlung. So hat sich beim Nominierungsparteitag Anfang Mai in Rastatt überraschend eine knappe Mehrheit doch noch für die Zulassung von Journalisten entschieden.

Von Wohl oder Wehe eines Parteitags sollen Medienvertreter in Gerlingen aber nicht mehr abhängig sein. Wer die Hallen der Stadt für politische Veranstaltungen nutzen will, bucht Journalisten in jedem Fall mit. Ob sie dann kommen, bleibt ihnen überlassen.