AfD-Gründer Bernd Lucke Foto: dpa

Frauke Petry hat den AfD-Machtkampf zu ihren Gunsten entschieden. Nun steht wohl ein weiterer Rechtsruck der Partei an. Lucke-Anhänger denken über einen kollektiven Austritt nach.

Essen - Die Alternative für Deutschland (AfD) setzt ihren außerordentlichen Parteitag in Essen fort, allerdings mit deutlich weniger Teilnehmern als gestern. Zahlreiche Mitglieder der konservativen Protestpartei waren nach der Wahl von Frauke Petry zur neuen Vorsitzenden frustriert abgereist.

Die bisherige Co-Vorsitzende aus Sachsen hatte sich bei der Abstimmung am ersten Tagungstag mit 60 Prozent der Stimmen klar gegen den liberal-konservativen Parteigründer Bernd Lucke durchgesetzt. Unterstützung erhielt sie vor allem vom national-konservativen Flügel.

Eigene Partei im Gespräch

Ein Teil des unterlegenen Lucke-Lagers plädiert jetzt für die Gründung einer eigenen Partei. "Eine Entscheidung darüber haben wir aber noch nicht getroffen", sagte Lucke. Im Gespräch mit Anhängern sagte er, Petry sei zwar mehr an Macht interessiert als an rechtem Gedankengut. Es werde ihr aber wahrscheinlich auf Dauer nicht gelingen, den Einfluss der Mitglieder vom rechten Rand der Partei einzudämmen.

Petry erhielt am Samstag 2047 der 3428 abgegebenen Stimmen, das sind 59,7 Prozent. Lucke kam nur auf 38,1 Prozent. In einem zweiten Wahlgang wählten die Mitglieder den Volkswirtschafts-Professor Jörg Meuthen zum Zweiten Vorsitzenden. Der baden-württembergische Landeschef, der inhaltlich eher Positionen des liberalen Flügels vertritt, errang gegen vier Mitbewerber 62 Prozent der Stimmen. Laut Satzung wird die Erstgewählte Petry aber nach Verabschiedung des Parteiprogramms - geplant Ende 2015 - die Alternative für Deutschland (AfD) alleine führen. Meuthen wird dann automatisch zu einem ihrer vier Stellvertreter. Der Europaabgeordnete Lucke hatte sich nach seiner Niederlage gegen die sächsische Partei- und Fraktionsvorsitzende nicht mehr zur Wahl gestellt.

Pfiffe für Lucke

Seine Niederlage deutete sich schon zu Beginn des Parteitags an, als die Teilnehmer ihn mit Pfeifkonzerten und Buh-Rufen empfingen. Seine Begrüßungsrede in der Essener Gruga-Halle wurde von Anhängern Petrys mehrfach mit Zwischenrufen unterbrochen.

Mit einer Mehrheit von 61 Prozent beschloss der Parteitag, die von Lucke ausdrücklich gewünschte Wahl eines Generalsekretärs von der Tagesordnung zu nehmen. Teil desselben Antrags war allerdings auch der Vorschlag, die Wahl des neuen Vorstands auf der Grundlage der Anfang Februar verabschiedeten Satzung abzuhalten. Diese Satzung hatte Petry damals vehement bekämpft, weil sie eine schrittweise Verengung der Parteispitze von heute drei auf dann nur noch einen Vorsitzenden vorsieht.

Der Machtkampf zwischen den Parteiflügeln und insbesondere Lucke und Petry dauerte bereits seit einem halben Jahr an und wurde erbittert geführt. Lucke warf Petry vor, sich zu wenig nach Rechtsaußen abzugrenzen, Petry hielt ihm ihrerseits eine Verengung auf Wirtschaftsthemen vor.

In seiner Essener Rede übte Lucke Selbstkritik. "Statt parteiintern sachlich und problemorientiert zu diskutieren, ist uns die Sache entglitten, bis wir uns in aller Öffentlichkeit stritten, dass die Fetzen flogen", sagte er. Zugleich machte er aber erneut Front gegen Islam- und Fremdenfeinde.

Konrad Adam, der im alten Vorstand neben Lucke und Petry der Dritte im Bunde war, erntete von den Parteimitgliedern viel Applaus für den Satz: "Als rechts gilt heute, wer einer geregelten Arbeit nachgeht, seine Kinder pünktlich zur Schule schickt und der Ansicht ist, dass sich der Unterschied von Mann und Frau mit bloßem Auge erkennen lässt."