Die AfD will Heinrich Fiechtner loswerden. (Archivfoto) Foto: dpa

Gern rühmt sich die AfD als stärkste Oppositionsfraktion im Stuttgarter Landtag, doch es werden immer weniger. Mit dem Ausschluss von Heinrich Fiechtner droht der dritte Abgang.

Stuttgart - Weil er angeblich wiederholt von der Parteilinie der AfD abgewichen ist, droht dem Abgeordneten Heinrich Fiechtner der Rauswurf aus der Stuttgarter Landtagsfraktion. In einer Krisensitzung brachten die Abgeordneten am Dienstag das Ausschlussverfahren auf den Weg. In der Sitzung sei der Antrag über den Ausschluss formuliert und von 16 der 18 anwesenden Abgeordneten unterzeichnet worden, sagte Fraktionschef Jörg Meuthen. Insgesamt hat die Fraktion 21 Mitglieder. Er selbst habe auch unterschrieben, sagte er. Zugleich betonte Meuthen, der auch Bundeschef der AfD ist, dass er nicht Initiator des Verfahrens sei.

Der Abgeordnete Fiechtner gilt in der Fraktion als Provokateur. Er soll wiederholt die Statuten und die Ordnung missachtet haben. Der Arzt hatte sich beispielsweise - entgegen der Parteilinie - für eine Gesundheitskarte für Flüchtlinge ausgesprochen. Fiechtner kündigte eine Prüfung des Antragsverfahrens an. Er hat gegen seine Fraktion auch Klage beim Verfassungsgerichtshof eingereicht. Darin wendet er sich unter anderem gegen ein „Redeverbot“, das die Fraktion gegen ihn verhängt haben soll.

Fiechtner will kämpfen

„Natürlich werde ich um meinen Verbleib in der Fraktion kämpfen“, sagte er nach der Sitzung. Vorwürfe, er sei ein Abweichler, wies er zurück. Vielmehr müsse sich Meuthen fragen lassen, ob er noch auf Linie der AfD sei. Er warf dem Parteichef vor, der „Radikalisierung das Wort“ zu reden und bürgerliche Wähler zu verprellen. Er wolle aber Mitglied der AfD bleiben, um die Partei wieder auf Kurs zu bringen und sich für Rechtsstaatlichkeit einzusetzen.

Fraktionschef Meuthen rechnet damit, dass die Fraktion bei einer Vollversammlung zwischen dem 11. und 20. Juli über den Ausschluss abstimmt. Sollten mindestens 16 Abgeordnete - wie bei der Unterschrift unter dem Antrag - dafür stimmen, käme es zu dem Rauswurf Fiechtners. „Für den Erfolg ist eine Dreiviertelmehrheit erforderlich“, teilte die Fraktion nach der Krisensitzung mit. Bei der Antragstellung hätte demnach schon eine einfache Mehrheit ausgereicht.

“Permanente Provokationen“ satt

Aus Fraktionskreisen ist seit langem zu hören, dass die Abgeordneten die „permanenten Provokationen“ Fiechtners satt hätten. Der Politiker, der auch bei der Bundestagswahl am 24. September antreten will, ist über die Fraktionsgrenzen hinaus umstritten. In seinem Bundestagswahlkreis Zollernalb-Sigmaringen beklagen AfD-Mitglieder, dass er sich zu wenig engagiere. Der AfD-Kreisverband erkennt seine Bundestagkandidatur nicht an und will an diesem Donnerstag über einen neuen Bewerber entscheiden. Auch dagegen geht Fiechtner vor.

Die AfD stellt seit ihrem Ersteinzug in den Landtag vor gut einem Jahr die stärkste Oppositionsfraktion - vor der SPD und der FDP. 2 der ursprünglich 23 Mitglieder sind bereits von der Fahne gegangen. Der nach Antisemitismus-Vorwürfen in Ungnade gefallene Wolfgang Gedeon ist nun ebenso fraktionslos wie die Abgeordnete Claudia Martin, die einen Rechtsruck beklagt hatte und auch aus der Partei ausgetreten war. Fiechtner sagte, dass er Martins inhaltliche Kritik an der Entwicklung der AfD teils nachvollziehen könne.

Fraktionschef Meuthen reagierte gelassen auf den drohenden neuen Schwund der AfD im Landtag: „Das ist so bei einer jungen Partei.“ Persönlich finde er die Entwicklung Fiechtners, mit dem er lange eng zusammengearbeitet habe, traurig und tragisch.