Der Fahrstil mag bei Köhler-Transfer okay sein. Doch es gibt Zweifel, ob das auch für die Bezahlung der Fahrer gilt Foto: Horst Rudel

Als hätte das Landratsamt Esslingen nicht schon genug Ärger mit der Schülerbeförderung durch die Firma Köhler-Transfer: Neben der seit Schuljahresbeginn andauernden Unzuverlässigkeit beim Fahrdienst für behinderte Kinder steht nun der Vorwurf im Raum, das Unternehmen bezahle seinen Fahrern nicht den gesetzlichen Mindestlohn.

Esslingen - Der Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) verdächtigt das Unternehmen, es bezahle seinen Fahrern nicht den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde und verstoße damit gegen das Arbeitsrecht sowie gegen das Landestariftreue- und Mindestlohngesetz (LTMG). Das Landratsamt will den Vorwurf nun überprüfen. Ralf Köhler, der Geschäftsführer von Köhler-Transfer sieht dem „relativ entspannt“ entgegen.

Witgar Weber, der Geschäftsführer des WBO, hat den zuständigen Dezernatsleiter im Landratsamt in einem Brief über den Verdacht informiert. Der Verband beruft sich auf das Rechtsgutachten einer Kanzlei, die er mit der Prüfung eines von Köhler-Transfer ausgestellten Arbeitsvertrags beauftragt hatte.

Die Firma Trick-Reisen aus Göppingen, die bei der Tourenneuvergabe zur Schülerbeförderung größere Einbußen hatte hinnehmen müssen, war wegen ihres Verdachts auf den WBO zugegangen. Der nimmt nun das Landratsamt in die Pflicht. Schließlich sei das LTMG vom Landtag beschlossen worden, „um Verzerrungen im Wettbewerb um öffentliche Aufträge zu entgegnen“. Der öffentliche Auftraggeber, in diesem Fall das Landratsamt, sei verpflichtet, Aufträge nur an Unternehmen zu vergeben „die ihren Beschäftigten das im Gesetz festgesetzte Mindestentgelt bezahlen und sich tariftreu verhalten“, erklärt Weber in seinem Schreiben, das er zur Kenntnis auch an die Landesministerien für Soziales und Finanzen sowie an das Regierungspräsidium und an die Gewerkschaft Verdi geschickt hat. Zwar muss das beauftragte Unternehmen Weber zufolge Verpflichtungserklärungen abgeben und gegebenenfalls die Einhaltung des LTMG nachweisen. Doch besitze der Auftraggeber die Möglichkeit, dies zu kontrollieren und bei Verstößen zu sanktionieren.

Er habe durchaus Verständnis für die Sparzwänge der öffentlichen Hand, so Weber, aber das könne nicht so weit gehen, „dass dies zu Lasten der gesetzestreu arbeitenden Unternehmen und deren Mitarbeiter geht“. Das Landratsamt sieht er nun in der Pflicht, die Angelegenheit zu prüfen. Ansonsten setze es sich des Verdachts aus, „Dumpinglöhnen Vorschub zu leisten“.

Peter Keck, der Sprecher des Landratsamts, erklärte auf Anfrage unserer Zeitung, die Behörde werde den Vorwürfen „selbstverständlich nachgehen“. Die Frankfurter Firma Köhler-Transfer habe zwar erklärt, das LTMG einzuhalten, doch werde die Einhaltung der Vertragspflicht nun „rechtlich überprüft“. Sollte sich bestätigen, dass die Firma ihrer Pflicht nicht nachkomme, gebe es Sanktionsmöglichkeiten.

Ralf Köhler, der Geschäftsführer von Köhler-Transfer, sieht der Überprüfung gelassen entgegen. Die Arbeitsverträge seien vorab von einem Experten rechtlich „hundertprozentig“ geprüft worden. Mit diesem Thema habe sich sein bundesweit tätiges Unternehmen „weit vor Esslingen auseinandergesetzt“. Zudem existierten Arbeitsgerichtsurteile, die Köhler-Transfer in dieser Sache recht geben.

Ungeachtet dessen läuft beim Landratsamt zurzeit die Vergabe der Schülerbeförderung für die Jahre ab Schuljahr 2015/16 an. Für 21 der 32 sogenannten Lose – die jeweilige Bündelung mehrerer Touren – sei sie bereits abgeschlossen, sagt Keck. Die Bieter, die nicht zum Zug gekommen sind, hätten bereits eine Absage erhalten. Für die restlichen elf Lose bestehe noch „Klärungsbedarf“. Es müsse garantiert sein, dass diese Touren im Interesse der Bieter sowie der Eltern und deren Kinder problemlos gefahren werden. Diese Vergabe könne noch bis Ende des Jahres dauern. Zur Frage, ob es sich bei diesen Touren um jene handelt, die Köhler-Transfer zurzeit bedient, gibt Keck keine Auskunft.