Der Suchverkehr der Milaneo-Kunden trifft das benachbarte Quartier hart. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Man musste kein Prophet sein, um dies zu ahnen: Kunden des Milaneo suchen in den benachbarten Straßen einen Parkplatz und belasten die Anwohner stark. Die Stadt will reagieren.

Stuttgart - Es kam, wie es kommen musste: Der Suchverkehr der Milaneo-Kunden trifft das benachbarte Quartier hart. Anwohner klagen über Lärm, Abgase und verstopfte Nebenstraßen. Dabei schien es, als würde die Rechnung des Centerbetreibers aufgehen. Die 1200 Parkhausplätze des Milaneo sind in Spitzenzeiten zwar immer wieder belegt, aber über die lange Strecke blieb das Verkehrschaos aus. Es gibt keine täglichen Staunachrichten nach dem Motto: „Bitte umfahren sie den Bereich des Einkaufscenters Milaneo weiträumig. Es muss mit extremen Behinderungen gerechnet werden.“

Stattdessen meldet das Milaneo stolz: Alleine in der ersten Woche kamen die eine Million Besucher. Aber wie kamen sie denn? Sind es tatsächlich 40 Prozent, wie Milaneo-Centermanagerin Andrea Poul erhofft hatte, die mit der Stadtbahn kommen? Hat die Vernunft gesiegt, so dass die Kunden aus dem Umland auf das Auto verzichten?

Darüber kann Vicky Georgaki nur lachen. Es ist ein gequältes Lachen. Denn eigentlich ist ihr zum Weinen zu Mute. Vicky Georgaki wohnt in der Mönchstraße – also ganz in der Nähe des Milaneo. Und damit erlebt die den täglichen Wahnsinn. „Wir haben hier jeden Tag Stau, Parksuchverkehr und Gehupe. Unsere Straße ist ständig zugeparkt“, sagt sie. Wie sie, so sind viele Anwohner im Norden mit den Nerven runter: „Wir müssen vor den Milaneo-Kunden beschützt werden. Wir sind wütend“, sagen sie. „Es sind unzumutbare Zustände im Quartiert Friedhof-, Mönch- und Beyerstraße“, sagt Joachim Fuchs aus der Beyerstraße, dessen PKW von einem Milaneo-Bauarbeiter beim Rangieren beschädigt wurde. Auch Ali Özer, fühlt sich bestätigt: „Die Parksituation wird mit der Eröffnung des Milaneo noch schlimmer werden“, prophezeite der Inhaber der Backecke auf der anderen Seite der Heilbronner Straße. Jetzt ist es Tatsache: „Als Anwohner finden wir auch hier keine Parkplätze mehr."

Nur der kommende Samstag (Allerheiligen) bringt eine Ruhe, die man in diesem Quartier sonst nur noch an einem Sonntag hat. „Wir erleben hier das pure Chaos. Es ist ein Albtraum“, sagt Vicky Georgaki. Freitags dauert er durch die längeren Öffnungszeiten sogar bis 21.30 Uhr. Daher fragen sich die Anwohner: „Was wird erst sein, wenn die Adventssamstage oder gar verkaufsoffene Sonntage kommen?“

Solche Fragen haben sie auch Ordnungsbürgermeister Martin Schairer in einem Brief gestellt. „Auf eine Antwort bzw.. eine Eingangsbestätigung wartet ich bis heute“, sagt Vicky Georgaki. Noch lieber würde Vicky Georgaki den Ordnungsbürgermeister mal persönlich sprechen. Dann würde sie ihn fragen, wie man als Stadt seinen Bürgern überhaupt so etwas zumuten kann: „Wird hier das Leiden der Menschen billigenden in Kauf genommen?“

Auch ihr Nachbar in der Mönchstraße 3, Wilfried Deyßing, klagt: „Die wenigen Parkplätzen waren bis jetzt schon von Bauarbeitern für Stuttgart 21 und dem Milaneo belegt. Jetzt kommen auch noch die Beschäftigten des Einkaufszentrum dazu. Wo sollen die Anwohner jetzt parken?“ Laut Deyßing sei auch die Sicherheit gefährdet – „weil derzeit keine Rettungsfahrzeuge durch die Mönchstraße kommen“.

Andrea Poul, die Centermanagerin des Milaneo, reagierte betroffen auf die Schilderungen der Anwohner: „Es tut mir wirklich leid, aber ich kann da auch nichts machen.“ Tatsächlich kann nur das Ordnungsamt die Lage entschärfen. Und dort nimmt man die Klagen der Bürger ernst. Beim Amt weiß man, „dass viele Autofahrer nicht das Parkhaus sondern die umliegenden Straßen ansteuern“ - und das auf Kosten der Anwohner. „Durch Eröffnung und Herbstferien suchen derzeit besonders viele Kunden und Interessenten das Milaneo auf. Viele davon kommen mit dem Auto“, sagt Sven Matis, ein Sprecher der Stadt: „Durch diesen Run kann man sicher von einer Ausnahmesituation sprechen.“ Das will Vicky Georgaki nicht gelten lassen: „Und dann kommt Weihnachten, Ostern und und und . Hier herrscht immer eine Ausnahmesituation.“ Auch den Hinweis, dass das Ordnungsamt laut Matis „schwerpunktmäßig vor Ort ist und wo nötig Strafzettel verteilt oder das Abschleppen von Falschparkern anordnet“, zweifelt sie an: „Ich habe hier keine Politesse gesehen.“

Gleichwohl beteuert Matis: „Diese Situation beschäftigt uns, und die Stadt will hier Abhilfe schaffen. Daher kümmern wir uns um wirksame Maßnahmen, die die Anwohner entlasten.“ Eine Maßnahme könne das Parkraummanagement sein, das im Jahr 2016 im Norden kommen soll. Aber das Ordnungsamt prüft insbesondere die Einführung von Anliegerbeschränkungen. „Wann und unter welchen Bedingungen diese kommen können, soll Anfang nächsten Jahres entschieden werden“, sagt Matis.

„Immerhin“, sagt Vicky Goergaki, „aber warum kann man das nicht schneller umsetzen? Solche Anliegerschilder kosten doch höchsten 200 Euro.“ Eine gute Frage.