Schwule und lesbische Beamte in Baden-Württemberg sollen mehr Rechte wie Geld erhalten.

Hüfingen - Schwule und lesbische Beamte in Baden-Württemberg sollen mehr Rechte und damit auch mehr Geld erhalten. Bei ihrer auswärtigen Sitzung am Dienstag in Hüfingen im Schwarzwald-Baar-Kreis gab die grün-rote Landesregierung den Startschuss für eine geplante Änderung des Dienstrechts. „Wir sind uns einig“, sagte Finanzminister Nils Schmid (SPD) der Nachrichtenagentur dpa. Homosexuelle Paare, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, sollen gleichgestellt werden mit verheirateten Heterosexuellen. Dies solle rückwirkend gelten zum 1. September 2006 und sei ein wichtiges Signal für die Anerkennung von Homosexuellen.

„Es soll keinen Unterschied mehr geben zwischen eingetragenen Lebenspartnerschaft von Homosexuellen und der Ehe“, sagte Schmid. Baden-Württemberg ist eines der letzten Bundesländer, das Ernst macht mit der Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften im öffentlichen Dienstrecht. Die Südwest-Regierung folgt damit einer Vorgabe der Europäischen Union (EU). Diese sieht vor, die neuen Regeln rückwirkend bis 2009 geltenzulassen. Dieser Zeitpunkt ist durch mehrere Gerichtsurteile bestätigt worden.

Dem Schwulen- und Lesbenverband Baden-Württemberg (LSVD) und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) geht der Kompromiss nicht weit genug. „Wir wollten, dass verpartnerte Beamte ihren Anspruch bis mindestens 2003 oder sogar bis 2001 rückwirkend geltend machen können“, sagte LSVD-Vorstand Holger Henzler-Hübner der Nachrichtenagentur dpa am Dienstag in Stuttgart. Er geht von mehreren hundert Betroffenen im Südwesten aus. Dennoch sei das Ziel einer Gleichstellung mit verheirateten Heterosexuellen fast erreicht. Nachholbedarf sieht Henzler-Hübner noch beim Einkommenssteuer- und Adoptionsrecht.

Der DGB bezeichnete den Kabinettsbeschluss als „unzureichend“. Da die EU-Richtlinie bereits seit Dezember 2003 in Deutschland unmittelbar geltendes Recht sei, stünden den homosexuellen Beamten bereits von diesem Zeitpunkt an die gleichen Rechte zu wie ihren heterosexuellen Kollegen. Darauf hätten sie einen Rechtsanspruch.

Landtag muss geplanter Gesetzesänderung noch zustimmen

Lob kam von der oppositionellen FDP. „Das Vorhaben der Landesregierung entspricht einer alten Forderung der FDP-Landtagsfraktion, die wir leider in der Koalition mit der CDU nicht umsetzen konnten“, sagte der Chef der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke.

Die grün-rote Landesregierung geht nach eigenen Angaben über die EU-Richtlinie hinaus. Das bedeutet: Homosexuelle Beamte können nicht nur zukünftig, sondern auch rückwirkend für die vergangenen knapp sechs Jahre mit einer höheren Besoldung und mit besseren Versorgungsansprüchen rechnen. Allein hierfür habe das Land acht Millionen Euro veranschlagt, sagte Schmid. Die dafür notwendigen Finanzmittel seien in den Haushalten eingestellt worden.

Grün-Rot setze damit ein Vorhaben um, das die Vorgängerregierung liegen gelassen und nicht angepackt habe. Nun würden Ungerechtigkeiten und „rückständige Regelungen“ beseitigt: „Die Gleichstellung der unterschiedlichen Partnerschaften ist angemessen für ein modernes und weltoffenes Baden-Württemberg“, sagte Schmid. „Dort, wo Menschen füreinander einstehen, wird dies nun auch im Besoldungsrecht entsprechen honoriert. Und zwar unabhängig davon, welche Orientierung die Betroffenen haben.“ Der jährliche finanzielle Mehraufwand für das Land sei vergleichsweise gering.

Weil bisher eingetragene Lebenspartnerschaften im öffentlichen Dienstrecht nicht mit der Ehe gleichgestellt wurden, hatten Homosexuelle weder Anspruch auf Ehegattenzuschlag, noch auf eine Hinterbliebenenversorgung oder entsprechende Vergütungen bei Reise, Umzug oder Trennung. Baden-Württemberg kann handeln, nachdem 2006 die Zuständigkeit für das Besoldungsrecht vom Bund auf die Länder übergegangen ist. Der Landtag muss der geplanten Gesetzesänderung noch zustimmen. Die beiden Regierungsfraktionen Grüne und SPD stünden hinter der geplanten Gesetzesänderung, sagte Schmid.