Victor Ku hat sein traditionsreiches Lokal urban umgestaltet. Foto: Amelie Englert

Wie sich ein Dieter Bohlen wohl beim ältesten Chinesen in Stuttgart benommen hat? Victor Ku, der Chef des frisch renovierten „China Gardens“, weiß es aus eigener Erfahrung. . .

S-Mitte - Das hätte Victor Ku eigentlich nicht erwartet: „Dieter Bohlen war mir überraschenderweise gleich sympathisch“, erzählt der Chef des „China Garden“ an der Königstraße. Der ehemalige „Modern Talking“-Sänger sei ein überaus höflicher und angenehmer Gast gewesen, ganz anders, als man ihn aus seinen Castingshows kenne. Nicht nur Bohlen, sondern auch andere Promis schätzen die chinesischen Spezialitäten im mit fast 50 Jahren ältesten Chinarestaurant der Stadt, das jetzt grundlegend renoviert wurde.

Seit 17 Jahren ist Victor Ku der Geschäftsführer. Übernommen hat er das Lokal von seinen Eltern, die 1990 die Nachfolger der allerersten Betreiberin gewesen waren. „Das war damals die Frau Hong“, erzählt Ku. „Sie hat damals einfaches, aber unfassbar leckeres Essen aus China und chinesische Kunst zum Verkauf angeboten.“

Kus Lieblingsgericht ist Zwiebelrostbraten

Kunst kann man heute keine mehr kaufen. Dafür aber ungewöhnliche Gerichte wie den „mongolischen Stierkampf“probieren. „Da ist, wie der Name schon sagt, richtig Action auf dem Teller“, sagt Victor Ku lachend. Es handelt sich hierbei um fein geschnittenes Rindfleisch, das zischend und brutzelnd auf einer heißen, gusseisernen Platte serviert wird. Trotzdem ist Kus Lieblingsgericht der schwäbische Zwiebelrostbraten und auch zu Maultaschen sagt er nicht nein. „Maultaschen erinnern mich immer an meine Heimat China“, erzählt er. „Da haben wir ähnliche gefüllte Teigtaschen, die Jaozi.“

Ku hat nur einen Bruchteil seines Lebens in China verbracht. In Shanghai geboren, zog er im Alter von zweieinhalb Jahren mit seinen Eltern nach Österreich und verbrachte seine Kindheit in Wien. Schon damals führten seine Eltern drei chinesische Restaurants und der kleine Victor wuchs gewissermaßen zwischen Pfannen und Töpfen auf und in die Gastronomie hinein.

„Ich fand die Vorstellung schon immer toll, mal mein eigenes Restaurant zu haben“, sagt er. Trotzdem hat er sich nach der Schule erst mal für einen „richtigen Bürojob“ entschieden und jahrelang für eine Mobilfunkgesellschaft gearbeitet. Irgendwann ist er dann aber doch dem „Ruf der Küche“ gefolgt, wie er sagt. Im „China Garden“ bietet Kus Familie explizit Chinesisches an. „Das ist etwas anderes als der asiatische Einheitsbrei aus dem Fastfood-Laden“, sagt er. Oft gehe dabei der Geschmack der unterschiedlichen Zutaten vollständig verloren und den „fünften Geschmack“, der in der asiatischen Küche so wichtig sei, könne man eigentlich nicht ausmachen. „Der fünfte Geschmack, neben salzig, sauer, süß und bitter, heißt bei uns Umame und ist beispielsweise in Sojasoße oder Tomaten enthalten“, erklärt Ku.

Die Einrichtung soll nicht vom Essen ablenken

Mit „Umame“ hat auch der Umbau des „China Garden“ etwas zu tun. Aus der ehemals üppigen, bunten Einrichtung, dem Deckengemälde, das an einen sich spiegelnden Lotusblütenteich erinnerte, ist ein urbanes, schlichtes und sehr hell gestaltetes Lokal geworden. „Ich wollte nicht mehr, dass die Einrichtung vom Essen ablenkt“, sagt Victor Ku. Auch auf der Speisekarte wurde ein bisschen umgebaut: Jetzt gibt es auch Bio-Hühnchenfleisch und vegane Gerichte. „Mal sehen, was die Stammgäste dazu sagen“, sagt Victor Ku und grinst. Unter den Gästen seien aber häufig auch chinesische Touristen, die mal eine Pause vom europäischen Essen bräuchten.

Der feste Platz an der Königstraße rentiert sich seit Jahren. „Allerdings stehen die Gäste selten noch bis runter auf die Straße Schlange, wie es früher bei Frau Hong war“, sagt Ku. „Damals war chinesisches Essen noch etwas ganz Neues und Besonderes in Stuttgart.“ Im Erdgeschoss befand sich außerdem bis in die 80er-Jahre das Renitenztheater. Vor oder nach den Vorstellungen stärkten sich Zuschauer, Schauspieler und Theaterkritiker gerne mit chinesischen Köstlichkeiten.