Die Homininen aus Sima de los Huesos lebten vor ungefähr 400.000 Jahren während des Mittleren Pleistozäns. Nun ist es Forschern erstmals gelungen, 400.000 Jahre altes menschliches Erbgut zu entziffern. Foto: dpa/Kennis & Kennis, Madrid Scientific Films

Mit immer ausgefeilteren Methoden können Forscher immer älteres Erbgut analysieren. Nun gelangte ein Team um einen Forscher vom Leipziger Max-Planck-Institut an Erbgut eines 400.000 Jahre alten Homo heidelbergensis.

Mit immer ausgefeilteren Methoden können Forscher immer älteres Erbgut analysieren. Nun gelangte ein Team um einen Forscher vom Leipziger Max-Planck-Institut an Erbgut eines 400.000 Jahre alten Homo heidelbergensis.

Leipzig/London - Evolutionsforscher haben erstmals 400.000 Jahre altes menschliches Erbgut entziffert. Es sei gelungen, eine nahezu vollständige mitochondriale Genomsequenz eines Homo heidelbergensis zu sequenzieren.

Das berichtet ein Team um Matthias Meyer vom Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie im Fachjournal "Nature".

Mitochondrien sind die Kraftwerke der Körperzellen und besitzen eigenes Erbgut. Der Hominine aus einer nordspanischen Höhle ist der Analyse zufolge mit dem Denisova-Menschen verwandt, einem ausgestorbenen Verwandten des Neandertalers aus Asien.

Das zuvor älteste analysierte Erbgut von Homininen - modernen Menschen und seinen ausgestorbenen engen Verwandten - stammt nach Meyers Angaben von einem Neandertaler aus der belgischen Scladina-Höhle und sei etwa 100.000 Jahre alt. In Permafrostgebieten sei bislang älteres Erbmaterial von Tieren gewonnen worden.

Die Forscher um Meyer entwickelten nun neue Techniken für die Gewinnung und Sequenzierung stark degradierter uralter DNA. Aus einem Oberschenkelknochen des Homo heidelbergensis aus der spanischen Sima de los Huesos entnahmen sie die winzige Menge von zwei Gramm Knochenpulver. Daraus konnten sie DNA extrahieren und Erbinformationen herausfiltern. Die Höhle, in der 28 Skelette aus dem Mittleren Pleistozän gefunden wurden, wird seit gut 20 Jahren von einem spanischen Forscherteam unter Leitung von Juan-Luis Arsuaga untersucht.

Die Leipziger Wissenschaftler verglichen die mitochondriale DNA (mtDNA) mit der von Neandertalern, Denisova-Menschen, Menschenaffen und heute lebenden Menschen. Ergebnis: Der Hominine aus Nordspanien müsse vor 700.000 Jahren einen gemeinsamen Vorfahren mit dem Denisova-Menschen gehabt haben. "Dass die mtDNA des Homininen aus Sima einen gemeinsamen Vorfahren mit der mtDNA des Denisova-Menschen und nicht mit der des Neandertalers teilt, überrascht uns, denn die Fossilien von Sima de los Huesos weisen Merkmale auf, die vom Neandertaler zu stammen scheinen", erklärte Meyer.

"Dieses unerwartete Ergebnis deutet auf ein kompliziertes Evolutionsmuster hinsichtlich der Entstehung von Neandertalern und modernen Menschen", erklärte Juan-Luis Arsuaga, Direktor des Forschungszentrums zur Evolution und zum Verhalten des Menschen. Nun seien weitere Studien nötig, um die Verwandschaft zwischen den Homininen aus Nordspanien, den Denisova-Menschen und den Neandertalern zu klären.