Die Hängebrücke, über die die Rottweiler am Sonntag zu entscheiden hatten, erstreckt sich weit über das Tal. Im Hintergrund der Testturm der Firma Thyssen. Foto: Eberhardt Bewehrungsbau

Mehr als 70 Prozent der Rottweiler sind für eine Hängebrücke über das Neckartal. Der Investor freut sich, der Oberbürgermeister ist glücklich. Geben die Gegner jetzt auf?

Rottweil - Wenn es nach dem Willen der Rottweiler Bürger geht, wird bald eine 600 Meter lange Fußgänger-Hängebrücke über das Neckartal führen. Beim Bürgerentscheid am Sonntag votierten 71,6 Prozent der Abstimmenden für das Projekt, das eine direkte Fußgängerverbindung von der Altstadt zum neuen Aufzugstestturm der Firma Thyssen-Krupp im Berner Feld schaffen soll. 28,4 Prozent stimmten mit Nein. Auch das Quorum, das die Abstimmung gültig macht, wurde bei einer Wahlbeteiligung von 48,4 Prozent klar übertroffen. Bei 20 000 Wahlberechtigten hätten 4000 mit Ja stimmen müssen. Am Ende waren es fast 7000.

Mit einem Raunen war bereits das erste Wahllokalergebnis von den rund 250 Bürgern quittiert worden, die am Abend vor dem Rottweiler Rathaus warteten. Auch dieses lag bereits über 70 Prozent. Als sich der Trend bei den folgenden Ergebnissen verfestigte, herrschte Jubel. „Wahnsinn, wir haben mit Eurer Zustimmung gerechnet, aber nicht in diesem Ausmaß“, freute sich der Investor Günter Eberhardt in einer SMS an seine Unterstützer. Das starke Ergebnis sei Ansporn, das Projekt nun auch auf höchstem Niveau umzusetzen.

OB Ralf Broß: „Ich bin froh und glücklich“

Oberbürgermeister Ralf Broß (parteilos) zeigte sich hochzufrieden. „Ich bin froh und glücklich. Wir haben eine breite Legitimation, wenn wir nun ins weitere Planungsverfahren einsteigen.“ Die Wahlbeteiligung sei ordentlich und liege auf dem Niveau des letzten Bürgerentscheids. Auch damals hatte es eine Mehrheit für ein großes Projekt, den Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt, gegeben. Rottweil widerlege die Aussage, dass man in Deutschland keine Großprojekte mehr durchsetzen könne. „Man kann Chancen ergreifen, wenn man die Bürger mitnimmt“, sagte Broß. Dies sei in Rottweil wieder einmal gelungen. Broß kann nun zuversichtlich dem 7. Mai entgegen blicken. Dann stellt er sich als OB zur Wiederwahl.

Zurückhaltend äußerte sich Werner Fischer von der Bürgerinitiative Rottweil ohne Hängebrücke. Das Ergebnis sei vorauszusehen gewesen. Schon in finanzieller Hinsicht sei der Kampf ungleich gewesen. „Wir hatten eine Kriegskasse von 300 Euro. Die Gegenseite hielt mit dem städtischen PR-Etat dagegen.“ Dennoch beurteilte er das Beteiligungsverfahren insgesamt positiv. „Wir konnten Akzente setzen und werden versuchen, im weiteren Bebauungsplanverfahren zu retten, was zu retten ist.“

Gegner halten Anbindung an Bockshof für falsch

Die Gegner stört vor allem die Anbindung der Brücke an die Altstadt am historischen Bockshof, einer mittelalterlichen Wohngegend. Dort soll in unmittelbarer Nachbarschaft an den Pulverturm die Stadtmauer durchbrochen werden. Im Wahllokal „Ehemaliges Spital“, zu dem der Bockshof gehört, war die Zustimmung auch am geringsten. Allerdings waren auch hier 57,6 Prozent für den Brückenschlag.

Bereits im Gemeinderat hatte es eine breite Mehrheit für den Bau der Hängebrücke gegeben. Dennoch hatte er sich nach einem ausführlichen Beteiligungsverfahren für den Bürgerentscheid entschieden. Die Brücke soll eine attraktive Fußgängerverbindung von der Altstadt zum neuen Testturm für Aufzüge der Firma Thyssen-Krupp im Industriegebiet Berner Feld schaffen. Nach jetzigem Stand könnte die Brücke frühestens Ende 2018 fertig sein.