Bosch gerät wieder verstärkt ins Visier der Justiz. Im Bild: der Konzernsitz in Gerlingen Foto: dpa

Im Zuge der Betrugsermittlungen gegen Daimler gerät auch der Zulieferer aus Gerlingen stärker unter Druck.

Stuttgart - Durch die Ermittlungen gegen die Autobauer Daimler und Fiat Chrysler gerät auch der weltgrößte Automobilzulieferer Bosch mit Sitz in Gerlingen wieder verstärkt ins Visier der Justiz. Wegen möglicher Beihilfe bei einer mutmaßlichen Manipulation von Diesel-Abgasen bei Daimler habe die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen namentlich nicht bekannte Mitarbeiter des Technologiekonzerns aufgenommen, bestätigte ein Bosch-Sprecher am Donnerstag unserer Zeitung. Aber auch in den USA befindet sich der Zulieferer im Visier der Justiz.

Die Untersuchungen in Stuttgart sind gesondert von den Ermittlungen zu betrachten, bei denen die Staatsanwaltschaft die Rolle von Bosch im VW-Skandal überprüft. In diesem Fall ermittelt die Behörde bereits seit Herbst 2015 gegen unbekannt. Zudem prüft die Staatsanwaltschaft Strafanzeigen gegen Bosch-Chef Volkmar Denner persönlich. Die Dieseltechnik gehört zu den wichtigsten Geschäftszweigen von Bosch. Daimler zählt zu den Großkunden des Konzerns. Der Bosch-Sprecher wollte unter Verweis auf das laufende Verfahren keine weiteren Details nennen.

Gegen Daimler ermittelt die Behörde seit März „gegen namentlich bekannte und unbekannte Mitarbeiter“, wegen des Verdachtes des Betrugs und der strafbaren Werbung. In einer groß angelegten Razzia hatten darum am Dienstag 23 Staatsanwälte und 230 Polizisten elf Standorte des Konzerns durchsucht.

Bei US-Ermittlungen taucht der Name Bosch häufig auf

Fast noch ernster erscheinen Experten die Ermittlungen in den USA. Auch dort taucht regelmäßig der Name Bosch auf. So heißt es in der Klageschrift gegen Fiat Chrysler vom 23. Mai, der italienisch-amerikanische Autohersteller sei von Bosch mit softwarebasierten Modulen zur Motorsteuerung beliefert worden. Der Dieselmotorenhersteller VM Motori, eine Tochter von Fiat, habe die Software eingestellt. Dabei habe ein Austausch mit Bosch-Mitarbeitern stattgefunden. Zudem habe Bosch einige Einstellungen für Fiat Chrysler individualisiert.

Fiat Chrysler wird vorgeworfen, nicht angemeldete Software zur Abgaskontrolle in rund 104 000 Dieselwagen installiert zu haben. Solche Zusatzeinrichtungen werden AECD genannt (Auxiliary Emission Control Device). AECD dürften unter bestimmten Voraussetzungen verbaut werden. Jedoch müssen sie angemeldet und genehmigt werden. Dies habe Fiat Chrysler in einigen Fällen nicht getan, so der Vorwurf.

Die entsprechende Klage hatte das US-Justizministerium am Dienstag (Ortszeit) bei einem Gericht in Detroit im US-Bundesstaat Michigan im Auftrag der Umweltbehörde EPA eingereicht.

Die EPA hatte bereits im Januar mitgeteilt, dass sie nach dem Skandal bei Volkswagen auch Fiat Chrysler wegen geschönter Abgaswerte im Visier habe. Mindestens acht Programme zur Abgaskontrolle habe Fiat Chrysler bei der Zulassung von Dieselautos der Modelljahre 2014 bis 2016 nicht offengelegt, heißt es bei der Umweltbehörde. Konkret geht es um SUV vom Typ Jeep Grand Cherokee und Pick-up-Trucks der Chrysler-Marke Ram.

Das US-Justizministerium fordert wegen der Verletzung von US-Umweltrecht hohe Strafen und richterliche Unterlassungsanordnungen, weil die betroffenen Fahrzeuge ohne gültige Zertifizierung auf den Straßen unterwegs seien.

Fall Fiat ist ähnlich gelagert wie Daimler

Der Fall Fiat schreckt die deutsche Autoindustrie auf, weil er ähnlich gelagert ist wie Daimler. Beide Hersteller verwenden unter Verweis auf den Schutz von Bauteilen Abschalteinrichtungen, wodurch die Abgasreinigung von Stickoxiden zeitweise ausgesetzt wird.

Darum muss sich auch Daimler in den USA erklären. Doch die am 16. Dezember am Bezirksgericht in New Jersey eingereichte erweiterte Sammelklage richtet sich neben Daimler nun auch gegen Bosch.

Das Papier sammelt die Klagen von Mercedes-Kunden aus 33 US-Bundesstaaten. Eingereicht hat es die US-Kanzlei Hagens Berman. Die erste Version der Klage war vor Gericht gescheitert. Der Vorwurf lautet, Bosch habe mit Daimler konspiriert, um die amerikanischen Aufsichtsbehörden und Verbraucher zu täuschen. Konkret geht es um den Einsatz der sogenannte Blue-Tec-Technologie, die Daimler teilweise gemeinsam mit Bosch entwickelt hat.

Bosch wiederholte, dass der Konzern die Vorwürfe in den USA sehr ernst nehme und man sich darüber hinaus inhaltlich nicht zu den Vorwürfen äußern könne. Daimler weist die in den USA erhobenen Vorwürfe ebenfalls als haltlos zurück.