Der Staat verdient am Immobilienboom mit. Foto: dpa-tmn

Binnen wenigen Jahren haben so gut wie alle Bundesländer kräftig an der Schraube der Grunderwerbsteuer gedreht. In Berlin, NRW und anderswo haben sich die Sätze nahezu verdoppelt.

Berlin - Kaum einer redet über sie, dabei ist sie der Länderfinanzministers liebstes Kind: Die Grunderwerbsteuer hat sich still und heimlich zum großen Kassenschlager der Länder entwickelt. Die Steuer – sie wird fällig, wenn ein Haus, eine Wohnung oder ein Grundstück den Besitzer wechselt – steht allein den Ländern zu und spielte ihnen allein im vergangenen Jahr über neun Milliarden Euro ein. 2008 waren es noch 5,7 Milliarden.

Das könnte sich bei der Grunderwerbsteuer in Baden-Württemberg schon bald ändern

Seit 2006 dürfen die Länder selbst den Satz dieser Steuer bestimmen. Diese neue Freiheit nutzen bis auf zwei Länder alle gnadenlos aus: Lag die Steuer 2006 bundesweit noch bei 3,5 Prozent, so nehmen inzwischen Schleswig-Holstein, das Saarland, Nordrhein-Westfalen und Brandenburg mit 6,5 Prozent fast den doppelten Satz. Im Südwesten hat die Regierung Kretschmann/Schmid 2011 auch kräftig an der Steuerschraube gedreht. Der Satz beträgt hier nun fünf Prozent. Nur Bayern und Sachsen haben sich bisher enthalten und kassieren nach wie vor „nur“3,5 Prozent von der Kaufsumme.

Es gibt keine Steuerart, deren Ertrag binnen weniger Jahre so rasant gestiegen ist wie die Grunderwerbsteuer. Im Südwesten hat sich der Ertrag von 2008 bis 2014 nahezu verdoppelt. Kassierte das Land 2008 mit der Grunderwerbsteuer 794 Millionen Euro, so waren es 2014 schon 1,36 Milliarden. In NRW spielte die Grunderwerbsteuer 2008 1,20 Milliarden ein, 2014 waren es dann schon 1,92 Milliarden. In Rheinland-Pfalz waren es 227 Millionen (2008) und 387 Millionen (2014).

Nur Sachsen und Bayern vorbildlich

Die Grundwerbersteuer ist für die Finanzminister der Länder immer wichtiger geworden. Dafür gibt es neben den massiv angehobenen Steuersätzen einen zweiten Grund: In der Niedrigzinsphase seit 2008 hat ein beträchtlicher Immobilienboom eingesetzt. Immer mehr Transaktionen spülen immer mehr Geld in die Steuerkassen der Länder. Selbst in Bayern, wo der Satz nicht angehoben wurde, legte der Ertrag von 2008 bis 2014 massiv zu, von 1,02 Milliarden auf 1,43 Milliarden.

Inzwischen ist die Grunderwerbsteuer für viele Länder eine kaum mehr verzichtbare Einnahmequelle geworden: In Berlin schlägt sie bereits mit über 6 Prozent am Gesamtsteueraufkommen zu Buche. In Baden-Württemberg liegt dieser Wert bei 4,3 Prozent, in NRW bei 4,1 Prozent und in Rheinland-Pfalz bei 3,66 Prozent. Die Steuerschätzer rechnen weiterhin damit, dass die Grunderwerbsteuer selbst bei gleichen Sätzen weiterhin deutlich mehr abwerfen wird: 2019, so die letzte Steuerschätzung, werde das Aufkommen mit gut elf Milliarden um ein Fünftel höher sein als noch 2014.

In einer Studie, die das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) vorgelegt hat, wird die Wirkung der Grunderwerbsteuer auf den Immobilienmarkt kritisiert. „Die Steuer verhindert dringend benötigte Neubauten, führt zu unnötig hohen finanziellen Belastungen der Bürger und verzerrt den Markt.“

Steuer wird teilweise mehrfach fällig

Die Immobilien-Experten vom IW, Tobias Hentze und Michael Voigtländer, kritisieren vor allem, dass „teilweise mehrfach Grunderwerbsteuer fällig wird“. Zum Beispieljedes Mal, wenn ein Grundstück zuerst an einen Bauträger geht, es dann bebaut und das neue Gebäude in Form von Eigentumswohnungen weiter verkauft wird. In ihrer Studie rechnen sie vor, dass mit Mehrwertsteuer, die auf Bautätigkeiten fällig wird, so die Steuerlast schnell bei Werten jenseits der 18 Prozent liege.

Das IW fordert Bund und Länder auf, im Rahmen der Verhandlungen über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern auch über die Grunderwerbsteuer zu sprechen. IW-Experte Hentze rät: „Die Politik muss den Anreiz des Länderfinanzausgleich abschaffen, die Grunderwerbsteuer immer weiter zu erhöhen.“

Immer wieder fordern Landespolitiker, dass Länder selbst über die Höhe von Steuersätzen bestimmen können. Der rasante Anstieg der Grunderwerbsteuer in fast allen Bundesländern seit 2006 zeigt, wozu die Steuerautonomie und ein eigenes Hebesatzrecht auch führen können: Bislang haben die Länder reichlich von ihrem Recht Gebrauch gemacht, allerdings wurde der Steuersatz ausschließlich erhöht, gesenkt wurde er kein einziges Mal.