ABC-Abwehr im Einsatz: So weit wollen es die Anwärter auch einmal bringen. Foto: Bundeswehr/Jana Neumann

Sie schwimmen in voller Montur durch Flüsse oder hängen in Steinbrüchen an Seilen: Soldaten des ABC-Abwehrbataillons 750 „Baden“ üben im Kreis Ludwigsburg. Sie wollen in eine Spezialeinheit aufgenommen werden.

Kreis Ludwigsburg - Sie sind Spezialisten, wenn es um atomare, biologische oder chemische Bedrohungen geht, doch das große Fernsehpublikum guckt bei diesem Contest nicht zu. Möglicherweise aber mancher nichts ahnende Jogger im Wald oder Gassigeher auf dem Feldweg. Die bräuchten sich bei unerwarteten Begegnungen allerdings nicht allzu sehr zu wundern, beruhigt Oberleutnant Peter Gräfe vom ABC-Abwehrbataillon 750 „Baden“ in Bruchsal, das die Bundeswehr bei der Abwehr von Auswirkungen atomarer, biologischer und chemischer Kampfmittel unterstützt.

Schwer bepackt

Wenn bis inklusive Mittwoch im nordwestlichen Landkreis Ludwigsburg schwer bepackte Soldaten aus Kanalisationen klettern, sich durch Flüsse quälen oder sich in Steinbrüchen abseilen, geht es dabei um die Anwartschaft für eine spezielle Bundeswehr-Einheit – die spezialisierten ABC-Abwehrkräfte. Wer Aufnahme in dieser nur rund 50 Frauen und Männer zählenden Einheit finden will, muss sich als „Strong Soldier“ erweisen – weshalb auch die Übung selbst, die zur Qualifikation dient, diesen martialischen Namen trägt.

In den amtlichen Mitteilungsblättern ist das Manöver „Strong Soldier“, das sich unter anderem in der Region Bönnigheim / Besigheim / Sersheim /Vaihingen abspielt, etwas vage als Übung angekündigt, in der eine Kompagnie „mit mehreren Fahrzeugen unterwegs sein wird“.

Sehr ausgewähltes Personal

Es könne aber gut sein, sagt Peter Gräfe, dass auch kein Mensch in der Region überhaupt etwas davon mitbekomme. Erstens würden bei dieser Übung keine „Einlagen mit Feindkontakten“ inszeniert. Zweitens fänden sie außerhalb von Ortschaften statt.

Wozu überhaupt der Aufwand? „Die spezialisierten ABC-Abwehrkräfte sind sehr ausgewähltes Personal, meistens Naturwissenschaftler, wie Chemiker, Physiker oder Biologen“, erklärt Gräfe, die sich mit dem Gefahrenpotenzial von unterschiedlichsten Substanzen und Reaktionen auskennen und einschätzen können, ob Verseuchungen, Vergiftungen oder Explosionen drohten. „Meistens sind sie präventiv tätig“, berichtet Peter Gräfe. Das könnte bei größeren Anlässen wie Staatsbesuchen sein, bei denen sie vorher die örtlichen Gegebenheiten auf mögliche Gefahrenlagen checken könnten. Die Expertise von Mitgliedern der spezialisierten ABC-Abwehrkräfte könnte aber beispielsweise auch dann gefragt sein, wenn es eventuelle Bedrohungslagen einzuschätzen gelte, zum Beispiel beim Thema terroristische Anschläge in nahen und fernen Einsatzgebieten der Bundeswehr.

Mehr Plätze als Bewerber

Bevor die Soldaten aber bei diesen spezialisierten Kräften aufgenommen und dann noch einmal vertieft ausgebildet werden, müssen sie sich auch körperlich und psychisch als überdurchschnittlich fit und belastbar erweisen. „Es nützt nichts, wenn sie detektieren und dekontaminieren können, aber nicht fit genug sind. Darauf kann im Ernstfall keiner Rücksicht nehmen“, sagt Peter Gräfe.

Die körperliche und mentale Verfassung der Kandidaten werde vorab in Übungen wie derjenigen getestet, die jetzt im nordwestlichen Landkreis Ludwigsburg und dem angrenzenden Enzkreis stattfindet. Sie umfasst Gewässerdurchquerungen, die Überwindung von Höhenhindernissen, Abseilen, Märsche von bis zu 40 Kilometern mit rund 30 Kilogramm Gepäck oder Orientierungen bei Tag und Nacht. Dabei werden die Soldaten von Prüfern beobachtet, die schlussendlich den Daumen für die Eignung heben oder senken. „Die Anwärter werden aber auch monatelang darauf vorbereitet“, berichtet Peter Gräfe. Es sei allerdings nicht so, dass die Bewerber sich um die freien Plätze schlügen. „Wir könnten mehr Bewerber brauchen, als wir haben.“

Von Tierseuchenprophylaxe bis Trinkwasseraufbereitung

Das ABC-Abwehrbataillon 750 „Baden“ selbst, zu dem die Einheit gehört, ist auch auf Schädlingsbekämpfung, Tierseuchenprophylaxe und die Aufbereitung von unbrauchbarem Wasser zu Trinkwasser spezialisiert. Es kam bereits bei Auslandseinsätzen, etwa im Kosovo oder Afghanistan, aber auch bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und im Kampf gegen die Vogelgrippe auf Rügen zum Einsatz.