Die Blitzer kurz vor der Ausfahrt Stuttgart-Möhringen: Hier wurden innerhalb von zwei Monaten bereits 37.000 Temposünder erwischt. Foto: Max Kovalenko

Temposünder auf der Autobahn sind eine einträgliche Geldquelle: Drei neue Blitzanlagen an der A 8 haben schon kurz nach dem Start mehr als 100.000 Schnellfahrer erwischt. Die Bußgeldstelle muss ihr Personal aufstocken.

Stuttgart - Der baden-württembergische Innenminister Reinhold Gall (SPD) hat bei dem Finanzminister, seinem Parteikollegen Nils Schmid, um einen Nachschlag bitten müssen. Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes braucht mehr Personalstellen. Nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten ist die Ursache ein Blitzlichtgewitter an der Autobahn, mit dem selbst Experten nicht gerechnet haben: An den drei neuen Blitzanlagen an der A 8 auf Höhe Flughafen, Stuttgart-Möhringen und Leonberg gehen noch Monate nach dem Start täglich knapp 1900 Sünder ins Netz. Über 106.000 Schnellfahrer in nur acht Wochen. Die bringen theoretisch 2,1 Millionen Euro Bußgelder ein – wenn sie überhaupt alle abkassiert werden können.

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„Wenn der Trend so anhält, wird es pro Jahr zu etwa 400.000 Bußgeldverfahren kommen“, sagt der Leiter der Zentralen Bußgeldstelle des Landes, Wilfried Schramm. Gerechnet hatte die Behörde, die dem Regierungspräsidium Karlsruhe zugeordnet ist, lediglich mit 200.000 Verfahren. „Das haben wir ein bisschen unterschätzt“, so Schramm. Für diese Zahl war die Bußgeldstelle von 75 auf 80 Stellen aufgestockt worden. Statt fünf mehr sind nun eher zusätzlich 15 Kräfte notwendig, um die Flut der Fälle abarbeiten zu können. Eine Entscheidung über die Finanzierung zusätzlicher Stellen steht noch aus.

Bis zu 200 km/h auf dem Tacho

Doch die Ermittlungen sind zum Teil aufwendig. Nach bisherigen Erfahrungen handelt es sich bei 40 Prozent der geblitzten Fahrzeuge um Firmenautos. „Dadurch dauern die Verfahren etwas länger, um die jeweiligen Fahrer zu ermitteln“, so Schramm. Dabei tickt die Uhr: Nach drei Monaten ist die Strafe sozusagen verjährt – und das Bußgeld ist verfallen. Die Bußgeldbehörde rechnet generell mit einem Schwund von einem Drittel – auch wegen nicht verwertbarer Fotos oder nicht zu ermittelnder Fahrer. So bleiben von den 106.000 geblitzten Sündern etwa 71.000, die vorsichtig gerechnet einen Schnitt von 30 Euro Bußgeld bezahlen – insgesamt kommen so immer noch 2,13 Millionen binnen zwei Monaten zusammen.

Doch nicht nur die Blitzkästen erweisen sich als Falle für Temposünder. Auch die Polizei spürt mit mobilen Kontrollen immer mehr Schnellfahrer auf – die traurigen Rekordhalter haben dabei statt 100 bis zu 200 km/h auf dem Tacho, auch am helllichten Tag. Fast jeder zehnte Autofahrer ist zu schnell unterwegs – so die Bilanz der Polizei, die bei Leonberg und Stuttgart-Degerloch insgesamt 279.000 Fahrzeuge anvisierte.

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