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Lärmschutz: Stuttgart will starre Regelung mit 80 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen.

Stuttgart - - Für den Antrag der Stadt Stuttgart hat der Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik am Dienstag die Ampel auf Grün geschaltet. Das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart wird ersucht, auf den Autobahnen im Bereich Stuttgart künftig Tempo 80 als Höchstgeschwindigkeit vorzuschreiben, für Lkw notfalls Tempo 60, wenn es für den Lärmschutz erforderlich ist.

So hatte es sich im April 2011 schon der Bezirksbeirat Vaihingen gewünscht. Jetzt erhielt er große Unterstützung von der ökosozialen Mehrheit im Rathaus. Ja, sogar eine Mehrheit in der Verwaltung habe sich den Beschluss des Bezirksbeirats zu eigen gemacht, sagte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU). Daher hatte er dem Ausschuss mitzuteilen, dass man die Tempolimits auf den Autobahnen 8, 81 und 831 beantragen wolle. Warum der Beschluss des Bezirksbeirats erst nach zehn Monaten solche Folgen hat, ist ein Geheimnis der Stadtverwaltung.

Tempo 100 hatte die Stadt schon wiederholt beantragt

Die bürgerlichen Parteien hätten sich gewünscht, die Verwaltung würde keinen Antrag planen, sondern sich neutral verhalten und beim RP einfach die Prüfung von schärferen Tempovorschriften anregen. In der Praxis spiele der Unterschied keine Rolle, tröstete die Verwaltung. Das RP müsste sich so oder so mit der Problematik befassen, wahrscheinlich ein Sachverständigengutachten einholen und dann entscheiden. Ein Antrag signalisiere allerdings den politischen Wunsch im Rathaus, durch die vorgeschlagenen Tempogebote die Einwohner von Vaihingen und Fasanenhof vor Straßenlärm und Luftschadstoffen zu schützen.

Tempo 100 hatte die Stadt schon wiederholt beantragt. Das RP lehnte jedes Mal ab. Begründung: Das in den Lärmschutz-Richtlinien Straßenverkehr empfohlene Mindestmaß für die Senkung, drei Dezibel, würde nicht erreicht. Hier setzen nun die neuen Forderungen an. Mit Tempo 80, notfalls Tempo 60 für Lkw, lasse sich die Reduzierung um drei Dezibel höchstwahrscheinlich erreichen, argumentierte der Bezirksbeirat. Laut Stadtverwaltung wird das auch bestätigt in einem Untersuchungsbericht zum Lärmminderungsplan Filder von 2001.

Lärm ist nicht laut genug

Naheliegend ist der neue Vorstoß für seine Verfechter, weil sich einige Vorzeichen verändert hätten. So haben die Grünen und die SPD in ihrem Koalitionsvertrag niedergelegt, dass die bestehenden Möglichkeiten zur Verbesserung der Verkehrssicherheit oder zum besseren Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Emissionen ausgeschöpft werden sollen. Andererseits gilt Landesverkehrsminister Winfried Hermann manchen als ausgesprochener Freund der Anlagen zur dynamischen Beeinflussung des Verkehrs, also für flexible Tempolimits. Er half bald nach seinem Amtsantritt mit, den ersten Masten für die Anlage auf der A 8 bei Stuttgart aufzustellen. Inzwischen seien besonders auf den Fildern bereits Millionen von Euro verbaut, heißt es im RP. Mit einem ständigen Tempo-80- oder auch Tempo-100-Gebot würde die Geschäftsgrundlage für diese Anlagen entfallen, meinen deren Befürworter. Wohingegen man im Rathaus sagt, so eine Anlage könne ja noch anderes leisten, als nur Tempolimits anzuzeigen.

RP-Sprecher Clemens Homoth-Kuhs bleibt Diplomat. „Ich will einer ernsthaften Behandlung nicht vorgreifen“, sagt er. Üblicherweise berechne man nach solchen Anträgen anhand der Verkehrsmengen und Bebauungssituation, wo die Lärmgrenze von 70 Dezibel am Tag und 60 Dezibel in der Nacht überschritten sei. Im Fasanenhof sei dies nicht der Fall. Der Lärm, der den Schutzwall und die fünf Meter hohe Lärmschutzwand überwindet, betrage tagsüber rund 60 Dezibel und nachts 56 Dezibel, hatte das RP bereits im Juli 2010 an die Stadt geschrieben.