Telefon:07 11 / 72 057 – 333E-Mail:u.bogen@stn.zgs.de Foto: Christian Blanck

Sie sind Helden. Aber sie strahlen und glänzen nicht mehr. Im Gegenteil. Sie haben Macken und Beulen, sind verschrammt und verkratzt. Das sind die Spuren der Liebe. Christian Blanck hat ein Buch jenen Helden der Kindheit gewidmet,die wir alle in Händen hatten: den Spielzeugautos.

Die heiße und innige Liebe hinterließ Spuren. Die Türe ist abgerissen, die Motorhaube hängt auf Halbmast, die Reifen haben ihren letzten Schnaufer getan und die Achse liegt irgendwo im Sandkasten. So ruhen sie in Kisten auf dem Dachboden, fast zu Tode gespielt, mit allen Erinnerungen begraben. So lange, bis man Vater wird, die alten Lieblingsstücke hervorkramt, mit glänzenden Augen die Autos betrachtet und sie so lange versonnen und in der Vergangenheit versunken selbst über den Boden schiebt, bis die Kinder protestieren: Hey, wir wollen auch mal! Ist ja auch peinlich, ein erwachsener Mann, der „brummbrumm“ macht.

So ging es auch dem Stuttgarter Christian Blanck (40). Als Sohn Niklas vor fünf Jahren auf die Welt kam, zauberte die Oma vom Dachboden die Kiste mit den alten Autos. Die wurden auch alle gebraucht. Denn Niklas ist ein klassisches Stuttgarter Stadtkind“, sagt der Papa, „er hat mit seinen Autos nachgebaut, was er jeden Tag sieht.“ Klar, Staus. Er baute sie horizontal und vertikal. Autotürme sozusagen. Dafür braucht man ziemlich viele Autos. Später kam Henry dazu. Und Christian Blanck wurde zum Staubeobachter. Er fotografierte mit dem Handy die Arrangements seiner Söhne. Zunächst nur für die „Mama am Frühstückstisch“, damit die auch was von den Autokolonnen hatte. Und wie das so ist, die Freunde der Kinder bekommen das mit, man erzählt das den Kumpels, und plötzlich wurden Blancks Heim und sein Büro im Heusteigviertel zum Gnadenhof für Helden. Je vermackter desto besser. Die neuen Autos landeten gleich im Kinderzimmer bei den Buben, die alten arrangierte Blanck und bildete sie ab. Der selbstständige Strategieberater und Kampagnenentwickler hat experimentiert, wie die Helden sich am besten zur Geltung bringen lassen. „Ich habe eine weiße Hohlkehle gebaut, die Autos davor gestellt und fotografiert.“ In Szene gesetzt hat er so einen Mercedes-Benz 300 SL von Märklin aus den 50er Jahren, vorbeigebracht vom Opa eines Kindergartenkindes. Und die Pick-Ups, mit denen Colt Seavers gefahren sein könnte. Und der Matra-Simca Rancho aus dem Film „La Boum“, in dem Vics (Sophie Marceau) Eltern warteten, bis das Töchterchen fertiggetanzt hatte. Und ein Aston Martin DB 5 von Corgi, ein Lotus Esprit von Corgi sowie eine Ente von Maisto, alle gefahren von Bond, James Bond. Aber auch ein roter Mercedes 500 SEC, getunt von AMG. Eine ziemliche Angeberkarre. „Ich weiß auch nicht, warum ich die so geliebt habe“, sagt Blanck und muss lachen. Aber so ist das mit der Liebe, sie ist halt nicht zu erklären.

Nun mussten die Helden noch ihren Parkplatz zwischen zwei Buchdeckel finden . Blanck fuhr zur Buchmesse in Frankfurt,vier Verlage sprach er an. Drei zeigten Interesse, schließlich entschied er sich für Edition Panorama in Mannheim. „Ich hatte ein gutes Gefühl“, begründet Blanck die Entscheidung. Es trog nicht. Das Buch ist besser als ein DeLorean für eine Zeitreise geeignet. Blanck: „Eigentlich jeder, der darin blättert sagt: Ha, denn hatte ich auch!“ In der Tat, der gelbe ADAC-Transporter ist ein Klassiker, der Käfer sowieso, natürlich der Krankenwagen, die Polizeiautos, die Rennwagen. Und dann findet sich da auch ein Erlkönig, selbst gebastelt mit schwarzem Tapeband. Und man erfährt, dass des Autonarren Hohe Lied nicht von Goethe, sondern von Heinz-Ulrich Wieselmann stammt. Der Chefredakteur des Fachblatts „auto motor und sport“ dichtete vor mehr als 60 Jahren zu Ehren des erstmals auf der Straße gesichteten Prototyps des Mercedes 180.: Wer fährt da so rasch durch Regen und Wind?

Ist es ein Straßenkreuzer von drüben,

der nur im Umfang zurückgeblieben

oder gar Daimlers jüngstes Kind?

der stille Betrachter war gar nicht verwundert,

wenn jenes durchgreifend neue Modell,

das selbst dem Fotografen zu schnell

nichts anderes wär als der Sohn vom „Dreihundert“

Manchen sind Spielzeugautos nicht nur lieb, sondern auch teuer. Ein Borgward-Modell von Wiking ging für 5000 Euro weg. Ein Tanklaster von 1962 mit dem Aufdruck „Thyssen“ war einem Sammler 10 100 Euro wert. Und das weinrote Vorserienmodell eines Jaguar Sport von 1958 wurde für 7762 Euro versteigert. Weltweit war dies das einzige bekannte Exemplar. Teurer noch war ein dunkelroter Foden Laster, für das Druckgussmodell von Dinky Toys zahlte ein Liebhaber 12 000 britische Pfund. Natürlich müssen die Autos tiptop sein, jeder Kratzer mindert den Wert. Es sei denn, der Besitzer ist ein Promi. Nach dem Tod von Pierre Price wurden seine Habseligkeiten versteigert. Sein erstes Spielzeugauto , ein kleiner gelber Citroën zum Aufziehen, erbrachte 280 Euro. Da muss man auch ehrlich sagen, das Pferd von Winnetou kennt jeder, aber Winnetous Auto ist wahrlich eine Rarität.

Auch reiche Spinner lieben Spielzeug. Robert Gülpen hat einen Lamborghini Aventador LP 700-4 im Maßstab 1:8 nachgebaut. Aus purem Gold und mit 700 Diamanten bestückt. Das Material kostet zwei Millionen Euro, weg ging der Wagen für zehn Millionen Euro. Die Firma Mattel hat sich zum 40-Jahr-Jubiläum der Hot Wheels eine Extravaganz gegönnt. Hot Wheels, das sind diese so protzig und aufgepumpt daherkommenden Autos; wenn sie als Menschen auf die Welt gekommen wären, wären sie Türsteher geworden. Man denkt ja, großkotziger geht es kaum, doch Mattel hat es tatsächlich geschafft – und einen Wagen pimpen lassen. Der Juwelier Jason Arasheben aus Los Angeles hat eine Karosserie aus Weißgold gegossen und 3000 Diamanten im Wert von 140 000 Dollar daran gepappt. Weiße und rote Diamanten veredeln den Motor, Rubine leuchten als Scheinwerfer und Rücklichter. Alles Narrengold. Wie viel wertvoller sind doch die alten Karren mit ihren Macken:Denn die Erinnerungen sind einmalig und unbezahlbar.