Günter Burkhardt ist Mitbegründer und Geschäftsführer von „Pro Asyl“. Die Organisation wird 30. Foto: dpa

Pro Asyl wird 30. Doch nach Feiern ist bei der Organisation keinem so recht zumute. Geschäftsführer und Mitbegründer Günter Burkhardt klagt, das Asylrecht stehe europaweit auf dem Spiel. Dass Merkel für ihren angeblich zu sanften Kurs gerügt wird, findet er absurd.

Berlin - Die Organisation Pro Asyl beklagt zum 30. Jahrestag ihrer Gründung einen nie da gewesenen Angriff auf die Rechte von Flüchtlingen in ganz Europa. „Was wir derzeit erleben, ist der bislang schwerste Angriff auf das individuelle Asylrecht in Deutschland und Europa“, sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt der Deutschen Presse-Agentur.

Die Bundesregierung habe das Asylrecht in Deutschland drastisch verschärft. Die EU habe ihre Grenzen systematisch abgeschottet, damit den Tod von Tausenden Menschen in Kauf genommen und versuche, das Asylrecht fundamental auszuhebeln. „Unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle werden die Ringe um die Festung Europa weiter nach außen verlagert.“

Vertreter von Flüchtlingsräten, Kirchen, Gewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen hatten Pro Asyl am 8. September 1986 in Frankfurt am Main gegründet - mit dem Ziel, Flüchtlingen eine Stimme zu geben und ihre Rechte zu verteidigen. Burkhardt gehört zu den Mitbegründern. „Damals haben wir primär für das Asylrecht in Deutschland gekämpft“, sagte er. „Heute steht das Asylrecht europaweit auf dem Spiel - ohne dass die Öffentlichkeit das wirklich wahrnimmt.“

Beängstigende Zustände

Über Jahrzehnte sei Europa ein Bollwerk gegen Rassismus und für Menschenrechte gewesen. „Ich hätte mir nicht träumen lassen, dass Europa heute an seinen Grenzen Menschenrechtsverletzungen toleriert.“ Burkhardt beklagte, Schutzsuchende würden etwa ohne echte Prüfung ihrer Asylbegehren von Griechenland in die Türkei zurückgeschickt und dort zum Teil inhaftiert. Geplant sei, mit der Dublin-Reform solche Abschiebungen vor einer Prüfung des Asylantrages zum neuen System zu machen. Die EU habe den Friedensnobelpreis bekommen und sehe sich als Hüterin der Humanität. Dabei werfe sie selbst Menschenrechte über Bord.

Auch in Deutschland seien die Zustände beängstigend, sagte Burkhardt. Nach der Entscheidung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor einem Jahr, unbürokratisch eine große Zahl von Flüchtlingen einreisen zu lassen, sei ein „Herbst und Winter der Restriktionen“ gefolgt. „Da kam eine Asylrechtsverschärfung nach der anderen.“ Die Regierung habe etwa den Familiennachzug beschränkt, fragwürdige Schnellverfahren für bestimmte Asylsuchende eingeführt, die Abschieberegeln deutlich verschärft oder eine Wohnsitzauflage für Flüchtlinge eingeführt. Außerdem bekämen seit einiger Zeit selbst Asylbewerber aus Syrien, dem Irak, Afghanistan oder Eritrea oft nur noch einen eingeschränkten Schutzstatus in Deutschland.

Wenig Grund zu feiern

„Öffentlich wird Merkel noch als Verfechterin der Humanität wahrgenommen. Dabei hat die Bundesregierung in den vergangenen Monaten Maßnahmen ergriffen, um die Grenzen Europas dicht zu machen und Flüchtlingen in Deutschland das Leben schwer zu machen“, sagte Burkhardt. „Es ist eine absolut absurde Situation, dass Merkel von der CSU angegriffen wird für eine Politik der Humanität, die es längst nicht mehr gibt.“

Mit Blick auf das Jubiläum der Organisation, sagte Burkhardt, angesichts der aktuellen Flüchtlingslage gebe es eigentlich wenig Grund zu feiern. „Ein Lichtblick ist, dass wir in unserer 30-jährigen Geschichte noch nie so eine breite Solidarität der Bevölkerung mit Flüchtlingen erlebt haben wie heute.“ Erschreckend sei aber auch die hohe Zahl an Übergriffen auf Asylunterkünfte.