Der Angeklagte hatte sich zunächst in die Türkei abgesetzt, jetzt wird verhandelt. Foto: dpa

Wegen eines brutalen Angriffs auf einen abtrünnigen Red-Legion-Anhänger steht jetzt ein 23-Jähriger vor Gericht. Das durch Tritte, Schläge und Messerstiche verletzte Opfer hatte nur durch Notoperationen gerettet werden können.

Winnenden - Drei Tatbeteiligte sind bereits zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Jetzt steht vor der 16. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart auch der vierte Mann aus dem Red-Legion-Umfeld, einer vom Innenministerium als kriminelle Vereinigung verbotenen Bande. Der Mann soll an einer Strafaktion gegen ein abtrünniges Mitglied beteiligt gewesen sein. Dabei hätte das Opfer im Februar 2014 fast sein Leben verloren. Nach der Tat hatte sich der 23-jährige Angeklagte in die Türkei abgesetzt.

Laut der Anklage der Staatsanwaltschaft hatten der 23-Jährige und drei weitere 23 und 24 Jahre alte Sympathisanten der rockerähnlichen Gruppierung das 24-jährige Opfer per Telefon zum späteren Tatort gelockt. Der vereinbarte Treffpunkt in der Nacht zum 20. Februar des vergangenen Jahres war um etwa zwei Uhr morgens der Schulhof der Winnender Kastenschule.

Brutale nächtliche Attacke auf einem Schulhof

Dort, so schilderte der Staatsanwalt in der Anklageschrift, attackierten der Angeklagte und seine Mittäter, die im dunklen Bereich des Schulhofes gelauert hatten, ihr Opfer ohne Vorwarnung. Der 24-jährige Mann aus Winnenden sei auch dann noch mit Tritten und Schlägen traktiert worden, als er bereits hilflos am Boden gelegen habe. Schon dabei hätten die Angreifer mögliche tödliche Folgen für das Opfer billigend in Kauf genommen.

Einer der Angreifer – bei dem es sich nicht um den jetzt Angeklagten handelte – hatte dem wehrlosen Opfer dann noch mit einem Messer zehn Stiche beigebracht, von denen laut der Aussage eines Gutachters im ersten Prozess gegen die Mittäter jeder einzelne Stich hätte tödlich sein können. Nach dem Angriff ließen die Täter den hilflosen Schwerverletzten liegen.

Das Opfer der nächtlichen Attacke auf dem Schulhof erlitt mehrere Frakturen im Gesicht. Ein Stich in die Lunge führte zum Kollabieren eines Lungenflügels, außerdem wurde – ebenfalls durch Messerstiche – seine Milz schwer in Mitleidenschaft gezogen. Der 24-Jährige, der sich nach Hause schleppte, konnte nur durch mehrere Notoperationen gerettet werden.

Das Opfer hatte sich von der Red Legion losgesagt

Hintergrund der Tat war offenbar die Tatsache, dass der Winnender sich einige Zeit zuvor von den Red Legions losgesagt hatte und dafür durch die anderen Bandenanhänger eine Abreibung erhalten sollte. Wobei zunächst mutmaßlich keine Tötungsabsicht damit verbunden gewesen sei, sagte der Staatsanwalt im Rahmen der Anklage.

Weitere Anklagepunkte im Prozess vor dem Landgericht betreffen Geschehnisse im März dieses Jahres in der Türkei. Dorthin war der von der Polizei mit Fahndungsfoto gesuchte 23-Jährige nach der Winnender Attacke geflüchtet. In einer Ferienwohnung in Güllük hatte er laut der Anklage während eines Streits einer jungen Frau, die sich dort zu Besuch aufhielt, mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, so dass sie nach hinten auf eine Steintreppe stürzte. Der Anlass seien unter anderem nicht mitgebrachte Drogen gewesen.

Weil die Attackierte dem Mann anschließend mit einer Strafanzeige gedroht habe, so die Anklage weiter, drohte der 23-Jährige offenbar, er werde ihr Leben ruinieren. So habe er angekündigt, er werde der Familie der jungen Frau ein Video zugänglich machen, das diese bei sexuellen Handlungen mit ihm und einem weiteren Mann zeige. Diese Aufnahmen werde er außerdem im ganzen Stuttgarter Raum verbreiten.

Die Staatsanwaltschaft hat nun drei verschiedene Straftaten – gefährliche Körperverletzung sowie Drohung und Nötigung – angeklagt. Am ersten Prozesstag wollte der 23-Jährige weder zu seiner Person noch zum Geschehen aussagen. Der Prozess gegen den mutmaßlich Beteiligten an der fast tödlichen Attacke in Winnenden wird am 7. Dezember fortgesetzt.