Beim Liederkranz geht es seit jeher immer auch lustig zu, hier bei einem Umzug. Weitere Bilder aus der Geschichte des Vereins gibt es in unserer Fotostrecke. Foto: privat

125 Jahre sind kein Pappenstiel. So alt wird der Liederkranz Heumaden in diesem Jahr. Zeit für eine Reise durch die Geschichte des Sängervereins.

Heumaden - Janette Berczes ist die Zukunft. Dabei ist ihr Hobby nicht mal hip. „Singen ist nicht so modern“, sagt sie. Liederkranz? Da denken die meisten eher an Oma und Opa, aber nicht an eine 34-jährige, alleinerziehende Mutter. Was wieder ins Bild passt: Janette Berczes hat sich 2015 nicht für den Stammchor im Liederkranz Heumaden entschieden, sondern für die Fun Singers. In diesem modernen Ableger sieht der Traditionsverein seine Zukunft.

Dann wäre sie 125 Jahre alt

Neben Janette Berczes sitzt Brunhilde Hald im Alten Rathaus und erzählt, was der Liederkranz für sie ist: eine Institution, der soziale Kitt, die Harmonie der Heumäder. Die Vereinsvorsitzende ist gefühlt schon immer dabei. Doch das ist unmöglich, dann wäre sie 125 Jahre alt. Sie ist 79. Am Wochenende feiert der Liederkranz den besonderen Geburtstag mit dem, was er am besten kann: einem Konzert.

Janette Berczes schaut interessiert, wenn alte Fotos herumgereicht werden, teils noch mit weißen Zähnchen gerahmt, die junge Frau hört genau zu, wenn Brunhilde Hald erzählt, wer wer ist auf den Bildern und wie das mit dem Partnerchor im italienischen Friaul anfing. Sie selbst ist viel zu kurz dabei und zudem zugezogen; sie ist zwar die Zukunft, doch den Bericht über die Vergangenheit überlässt sie lieber anderen. Zum Beispiel Brunhilde Hald. Die berichtet von den Ausflügen und Reisen, von den Vereinsfreunden in Italien, von Manfred Onnen, dem engagierten Chorleiter. „Dem Liederkranz geht’s gut“, sagt sie. Im Stammchor singen 45 aktiv mit.

Interessenten wurden abgeholt

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass die Zahl derjenigen wächst, die nur noch ihren Mitgliedsbeitrag überweisen. Derzeit sind das 65 Leute. Es gab Zeiten, in denen es einfacher war, neue Gesichter zu gewinnen, sagt Brunhilde Hald. Wenn einer am Stammtisch oder beim Zufallstreffen auf der Straße gesagt hatte, ja, er würde zur nächsten Probe kommen, habe ihr Mann – der selbst einmal Vorsitzender war – ihn am Probenabend abgeholt. „Dann hat man es sicher“, sagt Brunhilde Hald.

Wird ein Verein 125 Jahre alt, gibt es einiges zu erzählen – und auch einiges, was nur noch nachzulesen ist. Im Falle des Liederkranzes fehlen allerdings viele Jahre in der Vereinsgeschichte. Die Chronikunterlagen der Anfangsjahrzehnte von 1891 bis 1933 sollen 1933 im Garten von Johannes und Friedrich Glauner verbrannt worden sein, „von irgendwelchen Personen, die aufgrund von Aussagen dieser Zeit den Liederkranz haßten“, steht in der Aufzeichnung zum 100-Jahr-Jubiläum.

Mitglieder zahlten 40 Pfennige

Von Zeitzeugen überliefert ist dennoch, dass der Liederkranz kurz vor Silvester 1890/1891 im damaligen Bäckerstüble am Glaunerweg gegründet worden ist – von 24 Männern zwischen 20 und 26 Jahren. Zur Hebung des Gesangs, laut Gründungssatzung. Mitglieder durften unbescholtene Bürger vom 20. Lebensjahr an werden. Der Beitrag betrug 40 Pfennige im Monat, das erste einstudierte Lied hieß „Wenn die Quellen silbern fließen“. Angeblich klappte das mit der musikalischen Harmonie nicht auf Anhieb. Julius Schädel, ein Mitbegründer, hatte gesagt: „Es war ein Elend, bis es endlich mit diesem Lied geklappt hat.“

Und als sich die Sänger schließlich auf einander eingestimmt hatten, kamen ihnen die Kriegswirren dazwischen. Während des Ersten Weltkriegs fielen die Chorabende aus, und zwischen den Kriegen hatten die Liederkränzler Mühe, die Leute bei der Stange zu halten. 1927 fusionierten Liederkranz und Turn- und Sportverein zum „Arbeiterbildungsverein“. Der Liederkranz erfuhr auch im Dritten Reich eine Flaute; erst 1949 kam es zur ersten Versammlung, um den Liederkranz wieder zu beleben. Es dauerte dann nicht mehr lang, bis die Frauen der Sänger mitmachen wollten. Und so wurde 1957 schließlich aus dem bis dato reinen Männerchor ein gemischter Chor.

Janette Berczes und Brunhilde Hald trennen 45 Lebensjahre, doch in zwei Dingen sind sie sich einig: Singen ist Lebensqualität, und der Liederkranz schenkt irgendwie Heimat. Dass Letzteres Brunhilde Hald sagt, ist klar. Doch auch Janette Berczes fühlt sich verwurzelter, seit sie dem Verein beigetreten ist. Man sieht sich im Supermarkt oder im Bus. „Man fühlt sich mehr angekommen“, sagt sie. Für die Generation von Brunhilde Hald sind Leute wie Janette Berczes die Hoffnung. „Dass wenigstens der Gesang am Leben erhalten wird“, sagt die Ältere.

Das Jubiläumskonzert

Am Samstag, 16. April, feiert der Liederkranz Heumaden 125 musikalische Jahre. Das Jubiläumskonzert findet in der Halle „Lange Morgen“ in Heumaden statt. Beginn ist um 19 Uhr, der Saal wird bereits um 18 Uhr geöffnet. Beim Konzert zu hören sind der Gemischte Chor, die Fun Singers, als Gastchor der Onnen-Chor sowie Solisten und Orchester. Der Eintritt kostet für Erwachsene 14 Euro, im Vorverkauf 13 Euro. Karten vorab gibt es bei der Heumadener Volksbank an der Fenchelstraße.